Samstag, 28. Februar 2015

Arnulf Rainer

Werkschau Arnulf Rainer
im Museum Frieder Burda




Von heute an bis zum 3. Mai sind im Museum Frieder Burda mehr als 100 Werke des österreichischen Künstlers Arnulf Rainer zu sehen.

Hier der Link zu Arnulf Rainer auf Wikipedia => KLICK

Hier ein Interview von goodnews4 mit Kurator Helmut Friedel über den renitenten Künstler Arnulf Rainer, der mit 15 Jahren aus Protest die Schule verließ und... sehen Sie selbst => KLICK


Der österreische "Superstar" Arnulf Rainer (der übrigens mit seinen 85 Jahren die Winter lieber auf Teneriffa verbringt, sonst wäre er zur Ausstellungseröffnung gekommen - aber er kommt zu einer Matinee am Sonntag, 19. April ins Burda-Museum - Näheres siehe unten) ist bekannt dafür, dass er seine Bilder übermalt, und dafür auch gerne Bilder vom Flohmarkt verwendet. Daneben sind die Kreuzdarstellungen (die im vergangenen Jahr auch in der katholischen Stiftskriche gezeigt wurden) typisch für sein Werk, auch werden "Selbstbildnisse", quasi "selfies von gestern", gezeigt, die er in ganz gewöhnlichen Fotoautomaten am Wiener Westbahnhof aufgenommen und dann verfremdet hat.

Dem Kurator der Ausstellung, Helmut Friedel, einem langjährigen Kenner Rainers, ging es bei dieser Retospektive auch darum, das Vorurteil zu widerlegen, Arnulf Rainer sei Schwarz-Maler oder gar  Schwarz-Seher. Rotglühend verwandele er Energie zu Licht und Wärme, lege bei den für ihn typischen Übermalungen auch das Weiß wie eine Schneelandschaft über die Leinwände. Nur im Hiroshima-Zyklus kommt auf 70 Tafeln der eher verzweifelte Versuch zutage, auf Katastrophen wie den Atombombenabwurf eine künstlerische Antwort zu geben.

So trifft der Besucher in der großen Ausstellung auf unvermutet farbenprächtige Werke, auf altbekannte Kreuzformen und verharrt in einer Art Kabinett des Schreckens in Gedenken an die großen Katastrophen der Menschheit.

Hier ein Interview von goodnews4 mit Kurator Helmut Friedel, der die Bilder kommentiert => KLICK


 




















Übrigens ... viele dieser Bilder wurden kürzlich auch in Wien gezeigt, und als Arnulf Rainer dort mit Kurator Helmut Friedel durch die Ausstellung schritt, zeigte er sich zusehends mürrischer, bis  er schließlich hervorstieß: "Da sind ein paar Bilder, die muss ich unbedingt noch einmal übermalen".




Daneben findet sich im Obergeschoss auch eine sehr stimmige Ansammlung von Werken von Georg Baselitz, deren meisterhafte Hängung selbst Betrachter, die diesem Künstler etwas skeptisch gegenüberstehen, in ihren Bann zieht. Aber sehen Sie selbst!












Das Museum ist Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr geöffnet, Eintritt 12 Euro, es gibt einen Audioguide auf deutsch und französisch und einen empfehlenswerten Katalog.

Hier der Link zur Ausstellung => KLICK

Übrigens... danke für Einladung zur Pressekonferenz, sonst hätte ich diese Fotos nicht zeigen können!




Begleitprogramm  (telefonische Anmeldung unter 398980 erforderlich):

Heute, Samstag, 28. Februar, 20 Uhr: Kammerkonzert des SWR Sinfonieorchesters

Donnerstag, 12. März, 18 Uhr: Kuratorenführng mit Helmut Friedel

Freitag, 13. März, 19 Uhr: Lesung mit Senta Berger

Donnerstag, 26. März, 16 Uhr: Kreative Schreibwerkstatt

Sonntag, 19. April, 11 Uhr: Matinee mit Arnulf Rainer.

Donnerstag, 26. Februar 2015

Stadtkirche - Brunnen

Nachgefragt:
Brunnenbaustelle




Was man so alles sieht, wenn man nichtsahnend auf den Markt gehen will:

 


Ruckzuck ist der Brunnen vor der Stadtkirche aus den Angeln gehoben und zur Seite gestellt.

 

Was ist passiert? 

Jemand (der Verursacher ist bekannt) hat den Brunnen angefahren und beschädigt, und das, obwohl dicke Poller ihn schützen sollen. Auch der Poller wurde bei dem Missgeschick umgefahren. Der ist inzwischen wieder ersetzt, der Brunnen muss nun repariert werden.

Die Steinmetzarbeit an sich wird wohl kein großes Problem sein, ließ der Chef der beauftragten Grabmalfirma mich wissen. Vorerst wurde der Brunnen nun zur Seite gehoben und geparkt. Der Sockel wartet bereits in der Werkstatt fertig auf den Transport. Schwieriger wird es wohl werden, die Wasseranschlüsse wiederherzustellen.



Also noch ein Brunnen in der Stadt, der zurzeit nicht fließt. Aber hier sind Schilder wie an den Thermalbrunnen überflüssig.



Lachen muste ich, als just in diesem Moment eine Busladung Touristen um die Ecke bog. Der Führer stutzte kurz, erfasste die Situation mit einem Blick und baute sie in seinen Vortrag ein, als wäre das schon immer Bestandteil seiner Führung gewesen: "Und hier sehen Sie den Brunnen der Stadtkirche, der gerade repariert wird. Das wird aber bald erledigt sein." Alle nickten, fotografierten und zogen weiter.








Mittwoch, 25. Februar 2015

Gagarin-Park?




Bekommt unsere Stadt
bald einen neuen Park?


Wenn man in der Innenstadt wohnt, fällt einem bei seinen täglichen Spaziergängen so manches auf. Auch dieses Tor, das ganz hinten zwischen den zwei Klosterwiesen ein geheimnisvolles Grundstück abschottet.



Was hat es damit wohl auf sich? 

Das fragte sich auch FBB-Stadtrat Heinz Liesen, beließ es nicht dabei und forschte nach. So erfuhr er, dass es sich um ein städtisches Grundstück handelt. Seine Fantasie sprang an.

Und so schrieb er an die Oberbürgermeisterin: 

"Das Gebiet ist landschaftsarchitektonisch, insbesondere auch mit seinem Baumbestand und den alten Gebäuden ein Kleinod, das man der Bevölkerung nicht vorenthalten sollte. Nach unseren Recherchen wurde es vom Fürsten Gagarin angelegt und im oberen süd-westlichen Teil von ihm mit für Baden-Baden seltenen Bäumen, wie z. B. Sequoias , bepflanzt. (Es bietet sich daher an, dieses Gebiet als „Park Gagarin“ zu benennen.) Insbesondere im Frühjahr zur Zeit der Obstblüte ist es ein Paradies, das jedem, der diese erleben und genießen darf, ein nachhaltiges, gesundheitsförderndes Erlebnis sein wird."

Als Sofortmaßnahmen schlug er vor, mit Hilfe einer tatkräftig zupackenden Bürgerinitiative den vorhandenen Durchgangsweg als Fußweg zu präparieren, Sitzbänke und Abfalleimer (krähensicher!) aufzustellen und dann die Tore im Frühjahr noch vor der Obstblüte mit dem Vermerk "Benutzung und Durchgang auf eigene Gefahr" zu öffnen.





Und siehe da: Unserer Oberbürgermeisterin hielt es nicht mehr in ihrem Amtssessel, sie verschaffte sich höchstpersönlich ein Bild von dem grünen Schatzkästchen - und war begeistert! Zitat (gekürzt):
"Inzwischen hatte ich die Gelegenheit, mir persönlich vor Ort einen Eindruck von der großartigen Lage, dem umfangreichen Obstbaumbestand und den Potenzialen des Leisberg-Areals als zukünftige Erholungsfläche ... zu verschaffen."




Sie schlägt einen gemeinsamen Termin vor, um alles weitere abzusprechen. Als Ziel nennt sie allerdings, das Gelände im Frühjahr 2016 für die Bevölkerung zu öffnen, nachdem Pachtverhältnisse geklärt und Sicherheitsanforderungen erfüllt sind.
"Ich bin mir sicher, dass wir die nächste Monate sinnvoll und gut werden nutzen können, um gemeinsam ein tragfähiges Zukunftskonzept für ein bürgerschaftlich getragenes, die Idee der Selbstversorgung mit Obst in den Vordergrund rückendes Gelände am Leisberg mit Ihrer entscheidenden Hilfe voranbringen zu können", schreibt sie.





Ich habe Heinz Liesen um eine kurze ergänzende Stellungnahme gebeten, wie er sich die nächsten Schritte vorstellt. Er antwortet:


"Bei der Finanzlage der Stadt wird es nur über eine Bürgerbeteiligung zu realisieren sein. Eine kleine Kerntruppe habe ich zusammen. Ich bemühe mich jetzt, so wie Sie es mit dem Thema Augustaplatz ja erfolgreich vorgelebt haben, engagierte und interessierte Bürger dazu zu gewinnen. Gleichzeitig werden wir einen Stufenplan für eine für das Gebiet verträgliche und tragfähige Gestaltung erarbeiten, um diesen dann im Rathaus abzusprechen. (Einen möglichen ersten Schritt habe ich ja bereits im Antrag skizziert.)"


Ja dann: Hobbygärtner aufgepasst! Es gibt etwas zu tun. Legen Sie Ihre Spaten und Astscheren nicht allzu weit weg. 


Lesen Sie hierzu auch den Beitrag von goodnews4 => KLICK


 

Dienstag, 24. Februar 2015

Sport (2)


"Frau Wirbelwind" und
ihr Einsatz für den Sport




Das „schwarze Brett“ im Eingangsbereich des Vincentiushauses gleicht dem eines wohlorganisierten Ferienclubs: Wer hat Interesse an Schach? Volleyball? Tischtennis? Fußball? Kampfkunst? Singen? Tanzen? Unter den entsprechenden Fotos sind Listen mit Ansprechpartnern angebracht, mit Zeiten und Orten der Trainingsangebote, es werden Mitfahrgelegenheiten und Begleitservice zur ersten Stunde angeboten. Man braucht sich nur einzutragen und zu bestimmten Uhrzeiten bereitzustehen, um dabeizusein.

Und das ist nur der Vergnügungsteil! Wendet man sich dem nächsten Aushang zu, findet man den Stundenplan für diverse Deutschkurse, daneben einen Hinweis auf Rechtshilfe beim Asylverfahren und ebenso den Hinweis auf das nächste „Café Kontakt“, das 14tägig am Samstag stattfindet und direkte, unkomplizierte Kontakte zu den deutschen Nachbarn bietet.






Aber bleiben wir beim Beispiel Fußball. Da wollen natürlich die meisten Asylbewerber mitmachen, schließlich sind doch die meisten Schutzsuchenden, die in Baden-Baden gelandet sind, kräftige, gesunde junge Männer, denen die tatenlose Warterei der ersten Monate zum Hals heraushängt.

Eine der vielen Ehrenamtlichen, die sich im Vincentiushaus engagieren, hat es sich ganz besonders zur Aufgabe gemacht, diesen jungen Leuten die Langeweile gehörig auszutreiben. Leider will sie (im Moment) weder ihren Namen noch ein Foto von sich veröffentlicht haben. Nenne ich sie einfach mal „Frau Wirbelwind“. Nimmermüde bringt sie mit ihrem Elan so manche Hauptamtliche zum Schwitzen, sucht eigenhändig Vereine, die die jungen Menschen aufnehmen würden, telefoniert nach Trainern und Trainingsorten, kümmert sich aber auch um das Equipment, das notwendig ist: Sportanlagen- und Hallenordnungen müssen eingehalten werden, und das bedeutet, dass die Interessenten unbedingt in ordentlicher Sportkleidung auflaufen müssen. Termin für die erste Stunde ist Mittwoch, 25. Februar, es muss also flott gehen.

Also nächster Aufruf. Diesmal über die „Buschtrommeln“ an die große Gruppe der Vincentius-Helfer: Wir brauchen Sportkleidung und Sportschuhe. 

(Lesen Sie dazu auch meinen Blogeintrag => KLICK )
„Frau Wirbelwind“ grast derweil Diakonieladen und Kleiderkammer persönlich ab, die geben, was sie können, sind aber auf so speziellen Bedarf nicht ad hoc eingerichtet.

Aber der Aufruf, die Sachen – nur ausnahmsweise!, weil es flott gehen muss! - direkt im Vincentiushaus abzugeben, schlägt ein! Der Hausmeister richtet einen Raum her, schleppt zusammen mit dem neuen Sozialarbeiter einen großen Tisch herbei, vormittags trommelt eine Brandmail ein paar zusätzliche Frauen zusammen, die mithelfen sollen, die Sachen zu sortieren, zwei Stunden später steht eine Handvoll von ihnen parat und wühlt sich mit Eifer und Effizienz durch die Berge. Schon beim Zusehen wird einem fast schwindelig.



Heißt es nicht immer, man solle sich nicht verausgaben? Man solle die Flüchtlingshilfe langsam angehen, „small is beautiful“? „Frau Wirbelwind“ will davon nichts wissen. Energisch wischt sie solche Bedenken vom Tisch. „Ich habe einen langen Atem. Das wissen alle, die mich kennen.“ Und eine der Damen, die mithelfen, nickt bestätigend. „Wir sind doch froh, wenn wir etwas tun können. Einige potenzielle Helfer sind ja schon wieder abgesprungen, weil es hieß, man brauche sie nicht. Die fühlten sich überflüssig und kommen nie wieder.“, sagt sie leise.


Und jetzt noch eine richtig gute Nachricht: Am Samstag ist "Frau Wirbelwind" mit ein paar anderen Ehrenamtlichen und den sportlichen Flüchtlingen zum Sportgeschäft Decathlon gefahren, wo sich die Asylbewerber mit passenden Schuhen eindecken wollten. Und siehe da, man rannte offene Türen ein: Decathlon unterstützte die Aktion mit freundlicher Beratung auf Englisch und gewährte der Gruppe einen großzügigen Preisnachlass. So muss Nächstenhilfe aussehen!

Es werden übrigens immer noch Sportsachen gebraucht, denn nach erster Durchsicht und Verteilung stellte sich heraus, dass sich die Statur der Schutzsuchenden doch etwas von der der Spender unterscheidet. Darauf gleich die nächste Rundmail: 

Für fast alle hat sich etwas gefunden, um am Mittwoch starten zu können, aber insgesamt stimmen halt die Größen nicht so wirklich.  Unsere Jungs sind sehr dünn. Und unsere Hosen sind sehr breit und groß. Also richtige Trainingssachen wären schon klasse. Aber nun haben wir ja alle etwas Zeit und können unsere Freunde, Nachbarn und Kollegen systematisch abgrasen. Aber groß und breit brauchen wir eigentlich überhaupt nicht mehr.“


*

P.S. Und so geht das mit der Vincentius-Truppe: keine Stunde später haben sich bereits die erforderlichen "schlanken" Hosen für die Fußballfreunde gefunden!

Mit anderen Worten:
Es werden keine weitere weiteren Sportsachen mehr direkt vor Ort benötigt. Wer noch Kleidung hat, bitte diese ab sofort im Diakonieladen => KLICK oder in der Kleiderkammer des Roten Kreuzes =>KLICK  abgeben.  

Und noch ein persönliches Wort:
Diese Aktion hat hinter den Kulissen offenbar großen Wirbel verursacht.
Ich sehe das so:
Dies war eine ganz große Ausnahme, aus dem Überschwang der Gefühle heraus geboren. Es zeigt aber auch die große Hilfsbereitschaft der gastgebenden Bevölkerung, die sehr gern noch viel mehr tun würde, damit sich Menchen, die aus schrecklichen Kriegssituationen geflohen sind, bei uns gut einleben können.
Selbstverständlich können Asylbewerber sich T-Shirts und auch einfache Turnschuhe selber kaufen, genau wie jeder andere Bürger der Stadt, der auf finanzielle Unterstützung angewiesen ist, weil er zum Beispiel seit längerem arbeitslos ist. Hier wird niemand besser als der andere gestellt. Und wenn die Firma Decathlon spontan einmalig (!) einen Preisnachlass gewährte, so heißt das noch lange nicht, das nun erwartet wird, dass daraus ein Automatismus erwachsen könnte. Sachspenden sollten nun wieder ausschließlich im Diakonieladen und in der Kleiderkammer des Roten Kreuzes abgegeben werden, und dort kann sich jeder nach gleichen Spielregeln auf gleiche Weise mit dem Nötigsten eindecken.


Mehr Informationen und Reportagen zum Thema Asyl finden Sie hier => KLICK





Sonntag, 22. Februar 2015

Georg von Langsdorff


Menschen in Baden-Baden, heute:
Georg von Langsdorff





"Ein Mann kommt von oben", hätte ich - frei nach Fallada - für meinen heutigen Interviewpartner gern getitelt. Oder - ebenfalls frei nach Fallada - "Großer Mann - was nun?"

Denn Georg von Langsdorff, der Mann, um den es heute geht, ist in seinem Leben weit gereist und hat es weit gebracht. Er war ein richtiger "Macher" in der internationalen Filmbranche. Und nun, mit 61, hat er alles verkauft und ist aus der großen weiten Welt nach Baden-Baden zurückgekehrt. Von Tempo 280 runter auf gefühlt nahe Null.

Fällt einem da nicht die Decke auf den Kopf? Genießt man es wirklich, jetzt Zeit für Spaziergänge mit dem Hund zu haben? Oder brodelt es im Innern? Braut sich da etwas zusammen, das demnächst unsere kleine Stadt auf den Kopf stellen wird?

Fragen, die er erst mal gar nicht hören will.

Ach, eigentlich will er auch nicht, dass etwas über ihn geschrieben wird. Man kann im Internet recherchieren wie man will - viel findet man tatsächlich nicht viel über ihn. Und Fotos - nein bitte! Wenn schon, dann nur welche aus dem eigenen Fundus. 

Nun gut, wir können auf einen Kompromiss einigen.

Irgendwie passt "sein" Foto (oben) auch gut zu seinem Leben.

Genauso wie dieses hier:




Obwohl er ja nie beruflich mit der Kamera direkt zu tun hatte, sondern immer mit den Menschen davor und dahinter und - vor allen - mit deren Produkten.

Aber beginnen wir von vorn, bei den Wurzeln, in Baden-Baden. Hier wuchs er auf, hier verdiente er sich erste Sporen als Volontär beim Badischen Tagblatt, dann wechselte er - immer als freier Journalist - zum damaligen Südwestfunk, später nach München zum Bayerischen Rundfunk/Schulfunk. Dann Anfang der 80er Jahre: Jamaika! Das einfache Leben, unbeschwert, locker, die Erkenntnis, dass man nicht viel Materielles braucht, um glücklich zu sein.

Warum gerade diese Karibikinsel?

Langsdorff zuckt mit den Schultern. "Es war die große Zeit des Reggae, das hat mir gefallen." Frei und erst mal ungebunden verlängerte er den sechswöchigen Urlaub auf drei Jahre. "Eine gute Zeit", stellt er fest und wirft mir einen vielsagenden Seitenblick zu. Das Leuchten, das in seinen Augen aufblitzt, spricht Bände. Das einfache Leben sagte ihm zu: Auto, ein paar Klappstühle und 200 Langspielplatten, viel mehr brauchte er damals nicht. Zwanzig Stunden am Tag brachte der Radiosender, für den er arbeitete, Reggae. Kneipe - Live-Konzerte - tolle Zeit, murmelt er noch, dann schweigt der Gentleman genüsslich. - Bevor ihn der Schalk doch noch einholt: "Kürzlich hat mir jemand gesagt, dass die in meiner ehemaligen Kneipe immer noch "mein" Salatdressing anrühren", fällt ihm ein, und er lacht humorvoll. "Sage nochmal jemand, man würde keine Spuren hinterlassen. Und wenn es nur die Spur des Salatdressings ist."

Die Spuren im Lebenssand vertieften sich nach seiner Rückkehr nach München. Öffentlich-rechtliches Radio war nicht mehr so sein Ding, und so heuerte er als freier Redakteur bei Radio M1 an. Im Mief von Kettenrauchern und Kaffee wurde Rock 'n' roll gespielt, was das Zeug hielt - beziehungsweise solange der Sendemast hielt. Der sei eines Tages in den Alpen von einem Saboteur gesprengt worden, schildert von Langsdorff. Wie auch immer - es wurde daraufhin eine Kabelfrequenz eingekauft, und so ging es weiter mit M1, wenn auch mit einem großen Unterschied: Langsdorff grinst. "Ich glaube, wir kannten in dieser Phase jeden unserer Hörer persönlich." Die Frage der Wirtschaftlichkeit stellte sich irgendwann, Geldgeber stiegen ein, und damit begann sich das berufliche Blatt auch für ihn zu wenden - weg vom Hören sind zum Sehen.

Kino, Kino

Denn zu diesem Zeitpunkt hatte sich von Langsdorff längst einen Namen als anerkannter Filmkritiker gemacht. Der nächste Schritt lag auf der Hand. Zusammen mit Maria-Theresa von Seidlein gründete er die S&L Medienproduktion GmbH. Das Produzieren von "The making of" war ihre Spezialität, und die Blöcke wurde von mehreren freien TV-Sendern in 30 minütigen Sendungen zum Kinostart der jeweiligen Filme ausgestrahlt. Reportagen von den Filmfestivals in Cannes, Deauville und Venedig folgten. „Ich war auf jedem großen Set, der irgendwo auf der Welt gedreht wurde und habe alle wichtigen Leute getroffen.“ Wer kann das schon von sich sagen!

Irgendwann entwickelte sich die Idee weiter, S&L Medianetworx GmbH wurde gegründet, eine Presseagentur für Hollywoodfilme. Interviewpartner für Presseinterviews wurden vermittelt und gecoacht, Kino-Marketing vom Feinsten betrieben. Und weiter ging es mit dem Kauf des zweitgrößten Kinomagazins... Bilder vom Set, Fotos von den Stars, Filmausschnitte, Clips, Marktforschung... Die Spirale drehte sich immer weiter nach oben, aber auch ein Flop war zu verkraften: Kino-online-Ticketing. "Das hatten wir uns wohl zu leicht vorgestellt", gesteht von Langsdorff rückblickend.

Kino indes beherrschte sein Leben. Drei Filme sah er sich durchschnittlich an - pro Tag. Wie lange kann man diesen Stress verkraften? Für ihn persönlich war nach zwanzig Jahren Schluss. "Das Filmgeschäft frisst dich auf. Klar, ich habe alles erreicht, was möglich war. Da fühlst du dich gehetzt und wichtig. Wichtig! - Alles Blödsinn! Irgendwann fragst du dich: Was tue ich mir da an?"

Und da tat er das einzig Richtige: Verkaufte die Anteile seiner Firma und zog sich zurück. Nicht nach Los Angeles oder in die Keys in Florida, sondern schlicht zurück zu den Wurzeln, nach Baden-Baden. Nun ja, ganz freiwillig war die Ortswahl nicht, familiäre Gründe gaben den Ausschlag. Inzwischen fühlt er sich pudelwohl hier. "Ich habe Baden-Baden immer geliebt und hatte eine großartige Jugend hier." Kein Wunder, nahm ihn doch sein Großvater als Mitglied des Internationalen Clubs schon früh überall hin mit, wo etwas geboten war.

Und jetzt?

Er grinst. Klar musste er erst einmal runterkommen. "Anfangs dachte ich jeden Morgen: Du musst was machen!" Heute ist er gelassener geworden, hält inne, überlegt, wo er sich engagieren könnte. Ein paar sinnvolle und weniger sinnvolle Dinge sind bis heute dabei herausgekommen. "Ich habe eine lange Zeit gebraucht, um mich wieder selbst zu fühlen."

Heute genießt er das stille Leben mit Frau und Hund. Lange Spaziergänge durch den Schwarzwald. Kochen, seine große Leidenschaft. (Dass er übrigens auch an einer Rinderherde in Bayern beteiligt ist, entlockt ihm eher ein Schmunzeln, denn das Fleisch der glücklichen Kühe kann der passionierte Koch leider nicht selbst verbrauchen: „So große Tiefkühltruhen habe ich nicht.“)

Ein bisschen untypisch für so einen Macher!






Ein skeptischer Seitenblick, als überlegte er, ob er das Folgende nun wirklich preisgeben soll, dann erfahre ich doch noch etwas: Zum Beispiel, dass er sich zweimal im Monat im Tafelladen engagiert, weil er etwas "tun" will statt einfach nur Geld zu spenden. Dass er über der Idee eines ultimativen Drehbuchs brütet. Und dass er darüber nachdenkt, wie man die Außenwirkung Baden-Badens verbessern könnte.
 
Und schon ist er wieder da, der Funke der Leidenschaft: Immer noch würden munter alte Klischees bedient, das sei doch bedauerlich, klagt er. Nach 35jähriger Abwesenheit  empfindet er, dass seine Heimatstadt jünger geworden ist, dynamischer und auch offener. Dies und auch die wahre Schönheit des Umlandes werde aber leider in der Außenwirkung immer noch weitgehend ignoriert. Hier Ideen zu formulieren, wie man die Natur, den Nationalpark, die Pferderennen, das Casino und Turgenev unter einen bunten, trendigen Hut bringen und daraus einen „USP“, also einen unique selling point, ein Alleinstellungsmerkmal, bauen könnnte, das fehle der Stadt. "Von außen betrachtet, sehe ich als Deutscher wenig Gründe, nach Baden-Baden zu fahren und hier länger zu verweilen." Das hört sich doch schon nach mehr als nach reinem Lokalpatriotismus an!

Und das Filmgeschäft? Fehlt ihm das kein bisschen?


Ganz klare Anwort: "Überhaupt nicht!" Im Gegenteil. Er hat kaum noch Kontakt zu den alten Bekannten, macht einen großen Bogen ums Kino, ihm reicht ja oft schon ein Blick auf einen Trailer, um anhand der Schnittfolge und der Auswahl der Gags die Qualität eines Films beurteilen zu können. Ein wenig Übersättigung spricht aus seinen Worten, obwohl „ich inzwischen Licht am Ende des Tunnels sehe und hoffe, dass es kein Zug ist". Immerhin ist er jüngst Mitglied im Filmclub Baden-Baden geworden.


Aber so ganz hat ihn die große Kinoleidenschaft noch nicht wieder gepackt: Beim ersten Filmabend des Clubs war er zwar während der allgemeinen Begrüßungsrunde dabei, stahl sich dann aber doch davon, als es dunkel wurde und der Film anlief...




Aktualisierung Ende September 2016:

Tja....  

Wie das so ist mit Leidenschaften - man kann sich noch so sehr gegen sie wehren, sie finden doch immer wieder ihren Weg zurück direkt ins Herz! So geht es auch einem Georg von Langsdorff. Was sagte er im Februar 2015, als die oben aufgeschriebene Geschichte entstand? Das Filmgeschäft fehle ihm kein bisschen? Getäuscht, lieber Freund! Inzwischen ist er aus der Video-Szene  Baden-Badens nicht mehr wegzudenken, sie hat ihn wieder voll am Schopfe, die Film-Leidenschaft. Erst erfreute er das Bündnis "Baden-Baden ist bunt" mit seinen Künsten und drehte einen wunderbaren Clip über die internationale Suppenparten im September 2015 

=> KLICK





jetzt ist er fast täglich mit der Video-Kamera in der Stadt unterwegs, um den neuen Internet-Blog "Mercurius" mit kunterbunten, höchst informativen und bewegten und bewegenden Geschichten zu füttern.





Sehen Sie selbst => KLICK


 
 

Weitere Geschichten über Menschen in Baden-Baden finden Sie hier => KLICK





Samstag, 21. Februar 2015

Thermalwasser (9)



Ob Heilwasser oder nicht -
Brunnen sprudeln bald wieder




Das ist doch mal eine gute Nachricht in der unendlichen Geschichte der Thermalbrunnen: Egal ob und wann die Bürokratie jemals den Stempel „genehmigt“ unter den Antrag auf arzneimittelrechtliche Herstellungserlaubnis drückt – die Thermalbrunnen werden spätestens ab 2. April wieder fließen. Das versprach OB Margret Mergen in einer Presseerklärung, wie heute sowohl im Badischen Tagblatt



als auch auf goodnews4 nachzulesen ist => KLICK


Inzwischen wurde also endlich klar, warum sich die Angelegenheit so sehr verzögerte: Das Problem lag schon längst nicht mehr am Arsen im Thermalwasser – das kann die für rund eine Million Euro installierte Entarsenierungsanlage schon lange herausfiltern – das Problem sind vielmehr Keime, die offenbar durch Außeneinflüsse direkt am Brunnenauslass ins Wasser gelangen. So, wie es sich anhört, scheint dies ein natürlich Prozess zu sein, ausgelöst durch „Außenkontakte“ von Mensch oder Tier.




Und so soll es nun weitergehen:

Die Fettquelle wird vom Entarsenierungswahnsinn ganz abgekoppelt und darf bereits ab Mitte März endlich wieder in ihrer seit Jahrtausenden bewährten ursprünglichen Zusammensetzung sprudeln. Hier wird dauerhaft das Hinweisschild „kein Trinkwasser“ angebracht.



Am Reiherbrunnen und den Brunnen in der Trinkhalle, in der Caracallatherme und im Friedrichsbad wird noch ein wenig herumgedoktert. Gibt es bis Ende März weiterhin seitens des zuständigen, extrem pingeligen Regierungspräsidiums Tübingen keine Freigabe als „Heilwasser“, werden die Brunnen spätestens am 2. April in Betrieb genommen – ebenfalls mit dem Hinweis „kein Trinkwasser“.



Meine Meinung:

Na also, geht doch!“ Eigentlich möchte man jubeln, wenn einem nicht die Freude darüber, dass der gesunde Menschenverstand letztendlich über dieses bürokratische Thermalwasser-Schlamassel siegt, im Hals stecken bleibt. Ich frage mich, warum die Herren von BKV und Carasana die Öffentlichkeit und den Gemeinderat in der Gemeinderatssitzung vor knapp drei Wochen nicht über die wahren Hintergründe der Verzögerungen aufgeklärt haben. Damals stand doch schon fest, dass die Entarsenierung funktioniert, dass man aber das Problem der Keime nicht in den Griff bekam. Warum sagt man das nicht? Warum wurden immer neue, vage Ausreden in die Welt gesetzt? Jetzt ist die Wahrheit endlich auf dem Tisch und es kann gehandelt werden. Unser altes Thermalwasser ist also endlich „kein Trinkwasser“, es darf sprudeln, auf eigene Verantwortung in Maßen getrunken werden und Touristen aus aller Welt wie seit Jahrtausenden erfreuen. Bleibt zu hoffen, dass nun auch die 60 000 Euro vom Tisch sind, die die Stadt allein in diesem Jahr für endlose Wasserprüfungen hätte zuschießen sollen.


Hier meine Blogbeiträge zum Verlauf des Thermalwasser-Dramas =>


17.  4. 2014 => KLICK

 8. 10. 2014 => KLICK

29. 10. 2014 => KLICK

16. 12. 2014 => KLICK

26.  1. 2015 => KLICK

29.  1. 2015 => KLICK

 2.  2. 2015 => KLICK
 
 3. 2. 2015 => KLICK

Freitag, 20. Februar 2015

bunt (4)

Welcome!



 
Gleich zwei Feste als Willkommenszeichen für die Füchtlinge wird es demnächst in Baden-Baden geben. Darauf einigte sich eine Runde von interessierten Bürgern, die einem entsprechenden Aufruf des Bündnisses "Baden-Baden ist bunt" gefolgt waren. 

(Lesen Sie dazu bitte auch meinen Blogeintrag von letztem Samstag): => KLICK


Frühlingsfest „Flüchtlinge Willkommen“
im Rahmen der UN-Woche gegen Rassismus


Da Samuel Mottaki mit seiner Kampfkunst-Akademie bereits für den 21. März in der Festhalle Oos ein Frühlingsfest für die Asylbewerber in Baden-Baden plant, beschloss die Versammlung, die Aktion aufzugreifen und sich an der weiteren Vorbereitung aktiv zu beteiligen. Immerhin fällt sie genau auf den UN-Tag gegen Rassismus, an dem bundesweit in vielen Kommunen zahlreiche thematisch ähnliche Aktionen geplant sind. Angeregt wurde:

  • Die Veranstaltung soll, wenn möglich, von 15 bis 20.30 Uhr angesetzt werden.
  • Es wäre begrüßenswert, wenn Frau OB Mergen die Schirmherrschaft übernehmen würde.
  • Es sollen sich möglichst viele Asylbewerber mit möglichst vielen Baden-Badenern treffen und austauschen können.
  • Bislang geplant ist seitens der Flüchtlinge gemeinsames Kochen und eventuell kleine Theaterdarbietungen und Musikstücke.
  • Vereine aus Baden-Baden, die mit Flüchtlingen gemeinsam üben und trainieren möchten, werden gebeten, sich und ihre Angebote an diesem Termin in der Halle vorstellen.
  • Es sollen Zettel ausgelegt werden, auf denen eingetragen werden kann, woran die Flüchtlinge Interesse haben und was Ehrenamtliche leisten können und wollen (Einkaufsbegleitung, Stadtführungen, Freizeitangebote)
  • Es soll der Gaggenauer Künstler Stefan Wolf mit seiner Fotoaktion zur Teilnahme eingeladen werden. => KLICK

Aus diesem Willkommensfest soll sich die zweite Veranstaltung entwickeln:


Willkommenskundgebung
am 8. Mai 2015, Fieserbrücke


Da am 9. Mai 2015 das große kunterbunte Kinderfest der Bürgerstiftung mit zahlreichen Vereinen im Kurgarten stattfinden wird, wurde beschlossen, die ursprünglich für diesen Tag angedachte Willkommenskundgebung einen Tag vorzuziehen, zumal der 8. Mai der 70. Jahrestag der Befreiung Europas vom Faschismus gefeiert wird.

Geplant ist:
  • eine Kundgebung auf der Fieserbrücke mit
  • Reden
  • internationalen Musikdarbietungen
  • einer Aktion des Theaters
  • einem ökumenischen Gottesdienst oder mit Grußworten möglichst aller/vieler in Baden-Baden vertretenen Religionsgemeinschaften
  • Präsentation der Fotoaktion des Künstlers Stefan Wolf
  • Fazit aus der Zettel-Aktion (das war meine Aufgabe, das ist daraus geworden)
  • Unterschriftenaktion zur Umbenennung der Julius-Redel-Straße* und des Hindenburgplatzes

Weitere Punkte können hinzukommen und werden sich aus den nächsten Vorbereitungstreffen und dem Ergebnis des Frühlingsfestes entwickeln.


Das erste Vorbereitungstreffen (für beide Veranstaltungen) findet am Donnerstag, 26. Februar, um 19 Uhr, im Gemeindesaal St. Bernhardus/Weststadt statt. Wer mitmachen möchte, ist herzlich willkommen. Jeder wird angesichts der kurzen Frist dringend benötigt!



*Ein Baden-Badener Bürger hat der Stadt offiziell mitgeteilt, dass er bei seinen Recherchen herausgefunden hat, dass Julius Redel zwar ein bedeutender Unternehmer gewesen ist, im Staatsarchiv Freiburg aber seine Entnazifizierungsakte gefunden wurde. Aus dieser gehe hervor, dass Redel 1932 in Rastatt Stadtverordneter für die NSDAP war und 1938 und 1939 als SS-Angehöriger mehrere Monate Dienst in der Wachmannschaft der Konzentrationslager Dachau und Flossenbürg geleistet hatte. Daher wird angeregt, die Straße umzubenennen. - Ein ähnliches Thema ist bereits seit Jahren der Hindenburgplatz.