Montag, 18. September 2023

Ausstellung mit Andreas Wachter und Reinhard Voss

 

Bild – Relief oder: innen – außen

Kunst erleben in der Galerie Supper

 

Man muss kein teures Eintrittsgeld bezahlen, um große Kunst zu erleben. Es reicht ein kleiner Seitensprung in die Kreuzpassage, hinein in die luftige, helle Galerie Supper. Besitzer Dirk Supper, Experte auf seinem Gebiet, ist jederzeit – nun ja, zumindest während der Öffnungszeiten – bereit, Auskunft über die ausgestellten Werke zu geben, und das macht er locker, begeistert und mit profundem Wissen. Denn die Künstler, deren Bilder beziehungsweise Skulpturen man auf zwei Etagen betrachten kann, kennt er persönlich.


Reinhard Voss und Dirk Supper

Ja richtig gelesen: DIE Künstler. Denn seit vergangenem Samstag sind es derer zwei, die in trauter Gemeinsamkeit die Wände zieren und den Betrachter in Staunen und Entzücken versetzen. „Innen – außen“ nennt sich die neue Ausstellung, die bis 11. November jeweils Mittwoch bis Freitag von 12 bis 18 Uhr und samstags von 12 bis 16 Uhr geöffnet ist. Anders als kunterbunte Verkaufsräume anderer „Galerien“ im Stadtgebiet besticht Dirk Supper mit der Konzentration auf ausgewählte, angesagte zeitgenössische deutsche Künstler von Format, und das in zurückhaltender Eleganz ohne viel Firlefanz.

 


Andreas Wachter ist diesmal wieder dabei, mit groß- und kleinerformatigen, absolut dramatischen Bildern. Er ist kein Unbekannter in Baden-Baden, hat Dirk Supper ihn schon seit 2004 im Sortiment und ihm 2008, 2013 und 2016 Ausstellungen gewidmet. Der 1951 in Chemnitz geborene Wachter ist ein typischer Vertreter der so genannten Leipziger Schule und deutschlandweit bekannt und begehrt. "Altmeisterlich gekonnte Malweise, Bilder von bedrückender Präsenz, Faszination durch das Unausgesprochene, Menschengruppen mit kontrastreicher Tiefe und verschworener Theatralik" – das sind Schlagworte aus professioneller Sichtweise. Laienhaft ausgedrückt bin ich fasziniert von der Dramatik der Szenen. Dass die Wirkung durch die Technik des Chiaroscuro aus dem Barock und des Manierismus erzeugt wird, wird eher geübten Kunstbegeisterten etwas sagen. Ich kann nur jedem zurufen: Um sich von diesen Bildern beeindrucken zu lassen, brauchen Sie überhaupt kein Wissen mitzubringen, Interesse reicht – und Mut, die Schwelle zur Galerie zu überschreiten und sich dem Sog der großformatigen Werke hinzugeben. Den Rest würde sicherlich der Chef der Galerie (oder seine Mitarbeitenden) übernehmen, falls noch Fragen offen sein sollten. Wenn man die Preise ansieht, eher nicht, aber das macht ja den Reiz dieser Galerie aus: Dass man Kunst auch mal ganz kostenlos einfach nur anschauen und genießen kann. 

 


 

Vervollkommnet wird das Kunst-Erleben durch die – ja wie soll man sie benennen - Werke des zweiten Künstlers der aktuellen Ausstellung, Reinhard Voss. Als hölzerne Reliefkörper kann man sie bezeichnen, aber das trifft es nicht ganz, klingt es doch viel zu hm ... hölzern. Der Künstler, ein im Raum Ettlingen lebender Norddeutscher Jahrgang 1959, der in den 90er Jahren fünf Jahre in Karlsruhe bei Prof. Hiromi Akiyma und Prof. Stephan Balkenhol Bildhauerei studierte, hat seinen ganz eigenen, individuellen Weg gefunden, mit dem Material Holz umzugehen und einzigartige Gebilde zu schaffen. Er war am Samstag bei der Vernissage anwesend und bereit, über seine Arbeitsweise Auskunft zu geben.

 


 

Zunächst haspelt er etwas von Präsenz und Transzendenz. Er arbeite faktenzentrierter als ein Maler, erklärt er, Malerei an sich habe für ihn zu wenig Körper, er brauche etwas haptisches. Und tatsächlich kann man, wenn man genauer hinsieht, nachfühlen, dass seine Arbeit ein Baden in Sinnlichkeit ist. Anders als man sich das bei einem Bildhauer so vorstellt, modelliert er nicht etwa einen einzelnen Holzblock, aus dem er eine Figur oder ein Gesicht herausholt. Nein, er arbeitet mit vielen verschiedenen kleinen und etwas größeren Stückchen Nadelholz, fügt sie zusammen, schichtet und verleimt, bemalt sie. Ein zufälliger Prozess, experimentell. Unendlichkeit und Präsenz wird so zu einer Einheit. Das hört sich hochtrabend an, aber wer vor den Reliefskulpturen steht, wird sofort verstehen, was gemeint ist. Es geht eine starke Kraft von ihnen aus; die natürliche Maserung der Hölzer wirkt wie eine dreidimensionale Tätowierung; was zufällig zusammengefügt aussieht, ist in Wahrheit gewollt. Oder, wie Emma Benker es im handout beschreibt: „Die Spannung findet ihren Höhepunkt im Versuch, dem einst lebenden Material einen neuen Sinn einzuhauchen. Im toten Holz ein Imitat des Lebens: hier zeigt sich etwas in neuem, ungewöhnlichem Licht!“

 


Mit anderen Worten: Die Ausstellung sollte man gesehen und erlebt haben! Bitte eine Stippvisite als mögliches Ausflugsziel für eines der nächsten Wochenenden einplanen. Es lohnt sich. 

=> https://www.galerie-supper.de/index.html 

Hier geht es zur vorherigen Ausstellung => https://forum-baden-baden.blogspot.com/2023/06/galerie-supper-rayk-goetze.html