Das neue BT – die Kritik bleibt
Eigentlich hatte ich den Holperstart des neuen BT nur ein paar Tage kritisch begleiten wollen. Ich hatte eher technische Schwierigkeiten erwartet, mich aber schon darauf gefreut, dass nun bald doppelt so viele Redakteure vielleicht einen doppelt so guten, aktuellen und kritischen Inhalt anbieten werden.
Heute, Freitag, 21. Juli 2023, hält mich meine Enttäuschung nicht mehr am Frühstückstisch, ich muss einfach noch etwas loswerden.
Seit Wochen tobt ein erbitterter Streit um das geplante neue Zentralklinikum. Ich wünsche mir von meiner Zeitung, dass sie mich objektiv, neutral und mit Fakten durch die aufgewühlte See lotst, dass sie fair berichtet, Meinung und Tatsachen sauber trennt. Das ist gerade angesichts einer polemisch agierenden Bürgerinitiative hier vor Ort wichtiger denn je.
Was geschieht? Immerhin: Über die Versammlung der BI am Montagabend, die angeblich „für alle Baden-Badener Bürger und Bürgerinnen“ sprechen möchte, wird berichtet. Aber wie? Was soll das sein: Eine Glosse? Eine Reportage? Ein Meinungsbericht? Launig geschrieben und zu lesen, zweifellos. Aber mir fehlten die Fakten. Was von dem, das die BI behauptet, ist objektiv nachvollziehbar? Wo ist die Kritik überzogen? Wo wird mit alternativen Fakten gearbeitet? Wo werden „Äpfel mit Schinken“ verglichen, wie die Argumentationen in den sozialen Medien bewertet werden? Das hätte ich gerne gewusst. Ich wünschte, es gäbe einen Redakteur, der sich in die Thematik des geplanten Klinikbaus so einarbeitet, dass er solche Fragen beantworten kann – oder eben die verantwortlichen Planer zu den Behauptungen befragt.
Einen Tag nach dem BI-Abend fand im Kongresshaus eine gemeinsame Sitzung von Kreistag und Gemeinderat zu diesem Thema statt. Erst als öffentlich angekündigt, dann doch nichtöffentlich durchgeführt. Kleiner Kommentar wäre nett gewesen.
Stattdessen heute, Freitag, die kommentarlose einspaltige Veröffentlichung einer Presseerklärung über die Sitzung. Wenn ich lese, über was dort gesprochen wurde, frage ich mich ja doch langsam, warum diese Sitzung nichtöffentlich war. Ich bin wirklich kein paranoider Nörgler, aber allmählich verstehe ich die Gegner des Projekts, wenn sie Böses hinter den verschlossenen Türen vermuten. Das hätte ich zumindest kommentiert. Aber ganz ehrlich, ich hätte die Presseerklärung nicht veröffentlicht, ohne bei den handelnden Personen nachzuhaken. Denn der Inhalt ist mehr als dürftig und besteht aus vielen beruhigenden, verharmlosenden Luftblasen.
Beispiel: Der Oberbürgermeister bezeichnet die Sitzung „als konstruktiv und von dem Willen geprägt, mit guten Lösungen für die Gesundheitsversorgung in Mittelbaden in die Zukunft zu gehen.“ Also – nichtssagender kann man das ja nicht ausdrücken.
Und dann erfahren wir Leser, dass „ein Raumprogramm für die Anforderungen einer zukunftsfähigen Klinik bereits erarbeitet worden sei“. Na, darüber hätte ich ja gerne Näheres erfahren.
Immerhin werden einige Zahlen veröffentlicht, die für sich sprechen: Die bestehenden Häuser des Klinikums Mittelbaden machten im vergangenen Jahr ein Defizit von 5,8 Millionen Euro, für dieses Jahr müssen knapp zehn Millionen Euro allein für die Instandhaltung aufgebracht werden, ganz zu schweigen von Investitionen in Höhe von 16.3 Millionen Euro. Das sind Riesensummen. Eigentlich könnte man als Redaktion nachhaken und klären, was genau sich hinter diesen Zahlen verbirgt, was muss warum saniert werden? Welche Investitionen genau müssen getätigt werden? Nur so kann die Bürgerschaft sich ein Bild davon machen, wie notwendig ein Neubau ist.
Jetzt mag man argumentieren, dass Stadt und Landkreis ihrerseits ihre Informationspolitik verbessern müssen. Richtig. Tun sie aber nicht. Andererseits haben sie aber für alle öffentlichen Themen eine Auskunftspflicht. Die sollte eine gute Lokalzeitung einfordern.