„Selbstbestimmt“ und voller Vorfreude
Zuversichtlich blickt die Intendantin des Theaters Baden-Baden, Nicola May, auf die nächste Spielzeit 2023/24. Bald schon habe man mit den Zuschauerzahlen wieder die Vor-Corona-Zahlen erreicht, berichtete sie gestern dem Hauptausschusses des Gemeinderats. Es zeige sich gerade, dass Leichtes und Lustiges besser besucht wird als vor der Coronakrise, und so habe man sich im Theater die Frage gestellt, ob man sich bei der Stückauswahl mit der Weltlage und den Sorgen und Nöten der Menschen beschäftigen solle – oder lieber mit dem Gegenteil. Aber nur leichte Stoffe seien nicht Auftrag des Theaters. „Wir müssen uns daran gewöhnen, dass die Situation fragil, um nicht zu sagen volatil ist“, sagte sie, und so sei es nicht einfach, sich zu definieren. Aus dieser Betrachtung heraus sei man auf das Thema der neuen Saison gekommen: „Selbst:bestimmt“.
Dies spiegelt sich in der bunten Auswahl der Stücke wider. Klassiker, Komödie, Musical - alles ist vertreten und mit Augenmaß gemischt.
Auftakt der neuen Saison ist eine neue Version des „Woyzeck“ von Georg Büchner, gleichzeitig auch Abi-Stoff. Das Stück ist als Schauspiel mit Musik konzipiert und hat am 23. September 2023 Premiere.
Es folgt am 27. Oktober 2023 die Premiere „Sonne/Luft“ von Elfriede Jelinek, auf das sich die Theatermacher schon freuen, wie aus den Äußerungen Mays herauszuhören war. Jelineks Stücke lassen viel Freiraum zur Interpretation, und noch dazu wird Baden-Baden erst die zweite Bühne sein, auf der das neue Stück gezeigt wird.
Ab 21. Januar 2024 gibt es mit „Mord auf Schoss Haversham“ viel zu lachen, wenn eine Laientheatergruppe ein Kriminalstück auf die Bühne bringen will und dabei alles schief geht, was nur schief gehen kann. Das bewährte Team von „La Cage aux Folles“ wird hierbei die örtlichen Schauspieler auf beste Weise unterstützen.
Am 9. Februar 2024 kommt der Abi-Stoff „Corpus Delicti“ von Juli Zeh auf die Bühne, ein Stück, das in der nahen Zukunft spielt und sich mit der Frage eines staatlich kontrollierten Gesundheitssystems befasst.
Am 22. März 2023 wird es wiederum klassisch mit der „Orestie“ nach Aischylos, das sich die Frage stellt „Kann ich das Schicksal selbst in die Hand nehmen?“. Die Neubearbeitung wird aus heutiger Perspektive als Gerichtsverhandlung gezeigt.
Am 19. April 2024 wird das Publikum trotz bekanntem Ausgang wieder bis zum Schluss mit den Liebenden in „Kabale und Liebe“ von Friedrich Schiller mitfiebern.
Am 25. Mai 2024 kann geträumt werden: „Ich bin dein Mensch“ nach dem gleichnamigen Film von Maria Schrader beschäftigt sich mit dem Experiment der idealen Partnerschaft mit einem perfekt auf die eigenen Bedürfnisse konfigurierten Partner. Ist so etwas gut und richtig?
Und zum Abschluss der Saison können wir uns ab 29. Juni 2024 auf das flotte Grufti-Musical „Die Addams Family“ freuen.
Auch Altbewährtes kann noch einmal genossen werden: „Reineke Fuchs“ von Johann Wolfgang von Goethe, „Kunst“ von Jasmina Reza, „La Cage auf Folles“ (nur eine Vorstellung, am 4. November 2024, wenn alles klappt!) und Kafkas „Der Verschollene“ kommen zurück auf die Bühne.
Ein weiteres Highlight wird ganz bestimmt „Orlando – ein Zwischenspiel“ sein, das am 30. September 2023 startet. Die szenische Reise durch das Theater nach Motiven von Virginia Woolf mit anschließendem Abendessen auf der Bühne war kürzlich – eigentlich als einmaliger Spaß – ein so großer Erfolg, dass man sich entschlossen hat, es ins Repertoire für die neue Spielzeit aufzunehmen.
Vor allem auch die Jugend steht im Fokus des Theaters. Drei neue Stücke werden auf die Bühne kommen:
Ab 26. November 2023 als Weihnachtsmärchen (ab 5 Jahre) „Anton – das Mäusemusical“, in dem drei Mäuse unter dem Sofa der Familie Hoffmann leben und nicht nur mit dem Staubsauger zu kämpfen haben, sondern auch mit dem Weihnachtswunsch des kleinsten Hoffmann-Kindes, das sich eine Katze wünscht (es geht gut aus).
Außerdem gibt es „Tanz der Tiefseequalle“, „Runter auf Null“ und die Wiederaufnahme von Bewährtem wie „Zonka und Schlurch“, „Die Partikel eines Tages“, „Vom kleinen Maulwurf..“ und „Komm, wie finden einen Schatz“.
Außerdem wird am 16. März 2024 der Welttag des jungen Theaters gefeiert und zum Saison-Auftakt ganz neu ein Jugend-Abo aufgelegt, bei dem Jugendliche für 45 Euro übers Jahr verteilt fünf Vorstellungen zu festen Tagen und auf festen Plätzen besuchen können. Um die Zusammenarbeit mit den Schulen zu verbessern und zu koordinieren, wird händeringend um eine feste Stelle gebeten. Probleme gibt es auch beim inklusiven Theater, das am letzten Wochenende für großes Aufsehen und Begeisterung gesorgt hat. Man würde es gerne fortsetzen, hat aber massiv mit der Barrierefreiheit auf der Probebühne zu kämpfen.
Veränderungen wird es im Ensemble geben: Sophia Platz, die uns in der "Hildensaga" begeisterte, und Jonathan Bruckmeier werden Baden-Baden leider verlassen. Sie werden ersetzt durch Lion-Russell Baumann und Carl Herten.
Bleibt noch für den Kalender nachzutragen: Das beliebte Theaterfest findet am Samstag, 9. September 2023 statt.