Menschen in Baden-Baden, heute:
Suleiman Touram
Erinnern
Sie sich noch an Suleiman Touram, den Schneider aus Gambia, der in
der Asylbewerberunterkunft in der Westlichen Industriestraße lebt?
Ich habe vor ein paar Wochen an dieser Stelle über ihn berichtet,
weil er sich sehnlich Stoffe, Nadeln und Nähmaschinen wünschte, um
anderen Asylbewerbern Nähkurse zu geben und um selber eine kleine
Kollektion von Kleidungsstücken zu entwerfen und anzufertigen. => KLICK
Stoffe
und Nähmaschinen hat er inzwischen bekommen; das mit den Nähkursen ist
aufgrund der Lebensumstände im Heim etwas schwierig. Die Bewohner
leben zu zweit in kleinen Zimmern, in denen nur das Allernötigste
steht, Bett, Tisch, kleiner Spint und ein Kühlschrank für zwei
Personen.
Gruppenräume
gibt es zwar, sie stehen den Asylbewerbern aber nicht ständig zur
Verfügung, sondern werden nur für Kurse geöffnet, wenn
auch eine ehrenamtliche Betreuung zur Verfügung steht. Manchmal klappt das, manchmal nicht.
Aber
Suleiman Touran ist findig. Er braucht diese Terminabsprachen nicht, die Tür zu seinem Zimmer steht allen
offen, die eine Frage haben, er hilft gerne, zeigt, wie es geht - und
dann widmet er sich wieder seinem Traum, irgendwann als Modedesigner
Erfolg zu haben.
Inzwischen
hat er eine kleine Kollektion zusammen, Babykleider, Kleider für
Kindergartenkinder, aber auch farbenfrohe Blusen, Hemden und Hosen für Erwachsene. Und schon hat er das nächste
Problem: Wie kann man diese Kleidungsstücke an den Mann oder die
Frau bringen? Er will ja nichts falsch machen im Dschungel der komplizierten deutschen Rechtsvorschriften.
Inzwischen
hat er eine Duldung bekommen, „Aussetzung der Abschiebung“ heißt
das im Amtsdeutsch, sie gilt erst einmal bis September und kann
verlängert werden. Er ist überglücklich! Aber: „Erwerbstätigkeit nicht gestattet“ steht auf dem Dokument, und das macht ihn ratlos.
Was bedeutet das? Muss er Hände in den Schoß legen? Nein, das ist nicht sein Ding.
Er
hört sich um, überlegt, was zu tun ist. Dann packt er kurzerhand einen Teil seiner
Kollektion in einen Rucksack und fährt mit dem Fahrrad in die Innenstadt. Er hält sich an die Vorschriften, er verkauft nichts, er
breitet sein Sortiment nicht aus oder bietet es feil. Im Gegenteil.
Ganz ruhig und freundlich steht er neben dem Eingang des Supermarkts im Freien, lehnt an sein Fahrrad - und guckt. Regelmäßig steht er nachmittags da, wenn das Wetter mitmacht. Inzwischen kennt man ihn dort, manche Passanten bleiben stehen, diskutieren mit ihm, werfen ihm aufmunternde Worte zu, manche machen bedenkliche Mienen. Einhelliger Tenor: Dem Mann muss geholfen werden. Aber wie?
Ganz ruhig und freundlich steht er neben dem Eingang des Supermarkts im Freien, lehnt an sein Fahrrad - und guckt. Regelmäßig steht er nachmittags da, wenn das Wetter mitmacht. Inzwischen kennt man ihn dort, manche Passanten bleiben stehen, diskutieren mit ihm, werfen ihm aufmunternde Worte zu, manche machen bedenkliche Mienen. Einhelliger Tenor: Dem Mann muss geholfen werden. Aber wie?
Es ist erstaunlich, wie er sich seit unserer letzten Begegnung verändert hat, wie er seine Scheu und Zurückhaltung abgelegt und sich zu einem selbstbewussten, stolzen jungen Mann entwickelt hat. Als ich ihn bitte, mir seine Werke zu zeigen, freut sich aufrichtig
über mein Lob, das ehrlich gemeint ist, denn die Sachen sind tadellos und sehr sorgfältig verarbeitet, aus farbenfrohen Stoffresten fantasievoll zusammengefügt.
Jetzt sprudelt es nur so aus ihm heraus: Er merkt ja selbst, erzählt er, dass
seine Schnitte und Muster eher für den Geschmack möglicher afrikanische Kunden zugeschnitten sind, und von denen gibt es in Baden-Baden nicht allzu viele. In einer größeren Stadt hätte er es sicher leichter.
Aber auch das ist kein Problem für ihn. Er hat sich schon etwas anderes ausgedacht, will versuche, seine Kollektion dem deutschen Geschmack anzugleichen. Das ist auch der Grund, weshalb er hier steht, mal mit, meist aber ohne Rucksack: Er beobachtet, mustert die Menschen, die an ihm vorbeilaufen, guckt genau auf die Verarbeitung ihrer Kleidung, wenn sie stehenbleiben und mit ihm reden.
Aber auch das ist kein Problem für ihn. Er hat sich schon etwas anderes ausgedacht, will versuche, seine Kollektion dem deutschen Geschmack anzugleichen. Das ist auch der Grund, weshalb er hier steht, mal mit, meist aber ohne Rucksack: Er beobachtet, mustert die Menschen, die an ihm vorbeilaufen, guckt genau auf die Verarbeitung ihrer Kleidung, wenn sie stehenbleiben und mit ihm reden.
Bald wird er den Dreh raushaben und mit der Produktion "marktgerechter" Kleidung beginnen. Die möchte er dann auf Flohmärkten oder Künstlermärkten verkaufen. Aber er ist unsicher, ob er das darf.
Ich frage im Ausländeramt nach. Suleimans Eigeninitiative scheint Neuland zu sein, stößt aber auf positive Reaktion. Die Frage wird weitergereicht ans Regierungspräsidium in Karlsruhe, doch krankheitshalber verzögert sich eine Antwort noch. Sicher ist jedoch: Dass auf dem Papier eine Erwerbstätigkeit nicht genehmigt ist, ist
kein grundsätzliches Verbot auf Dauer. Würde jemand Suleiman einen
kleinen Aushilfsjob anbieten, ließe die Behörde wohl mit sich
reden. Aushilfsjobs
liegen im Näh-Gewerbe allerdings nicht auf der Straße, wie ein paar stichprobenhafte Nachfragen zeigen. Außerdem wäre dann auch immer noch die Frage zu prüfen, ob für diesen Job EU-Bürger in Frage kommen könnten, die dann den Vorrang erhielten...
Insofern scheint Suleimans Traum von der Selbständigkeit gar nicht so falsch zu sein. Bis dafür alle bürokratischen Wege geebnet sind, wird er weiter geduldig und freundlich vor dem Supermarkt stehen und sich inspirieren lassen.
Ich werde berichten, wie es mit ihm weitergeht.
Insofern scheint Suleimans Traum von der Selbständigkeit gar nicht so falsch zu sein. Bis dafür alle bürokratischen Wege geebnet sind, wird er weiter geduldig und freundlich vor dem Supermarkt stehen und sich inspirieren lassen.
Ich werde berichten, wie es mit ihm weitergeht.
Aktualisierung, 28. Juli 2015:
Letzte Woche habe ich Suleiman wieder getroffen. Inzwischen hat er eine Antwort des Amts für öffentliche Ordnung erhalten, mit der er allerdings nicht viel anfangen kann. Er wird sich daher mit dem Schreiben an den Arbeitskreis Asyl wenden.
So lernt er nun also die deutsche Bürokratie kennen - und näht derweil eifrig weiter. Ich habe inzwischen fernmündlich die Auskunft erhalten, dass er seine Sachen zwar nähen und abgeben, aber damit kein Geld verdienen darf, weil er ja nicht erwerbstätig sein darf. Darüber mussten wir erst mal beide lachen. Ich bin gespannt, wie es weitergeht.
*
Hier geht zu einem Beitrag von Pro Asyl, wie schwierig der Arbeitsmarktzugang für Asylbewerber (noch) ist => KLICK
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