Menschen in Baden-Baden, heute:
Georg von Langsdorff
"Ein
Mann kommt von oben", hätte ich - frei nach Fallada - für
meinen heutigen Interviewpartner gern getitelt. Oder - ebenfalls frei
nach Fallada - "Großer Mann - was nun?"
Denn
Georg von Langsdorff, der Mann, um den es heute geht, ist in seinem
Leben weit gereist und hat es weit gebracht. Er war ein richtiger
"Macher" in der internationalen Filmbranche. Und nun, mit
61, hat er alles verkauft und ist aus der großen weiten Welt nach
Baden-Baden zurückgekehrt. Von Tempo 280 runter auf gefühlt nahe
Null.
Fällt
einem da nicht die Decke auf den Kopf? Genießt man es wirklich,
jetzt Zeit für Spaziergänge mit dem Hund zu haben? Oder brodelt es
im Innern? Braut sich da etwas zusammen, das demnächst unsere kleine
Stadt auf den Kopf stellen wird?
Fragen,
die er erst mal gar nicht hören will.
Ach,
eigentlich will er auch nicht, dass etwas über ihn geschrieben wird.
Man kann im Internet recherchieren wie man will - viel findet man
tatsächlich nicht viel über ihn. Und Fotos - nein bitte! Wenn
schon, dann nur welche aus dem eigenen Fundus.
Nun gut, wir können auf einen Kompromiss einigen.
Irgendwie
passt "sein" Foto (oben) auch gut zu seinem Leben.
Genauso
wie dieses hier:
Obwohl er
ja nie beruflich mit der Kamera direkt zu tun hatte, sondern immer
mit den Menschen davor und dahinter und - vor allen - mit deren
Produkten.
Aber
beginnen wir von vorn, bei den Wurzeln, in Baden-Baden. Hier wuchs er
auf, hier verdiente er sich erste Sporen als Volontär beim Badischen
Tagblatt, dann wechselte er - immer als freier Journalist - zum
damaligen Südwestfunk, später nach München zum Bayerischen
Rundfunk/Schulfunk. Dann Anfang der 80er Jahre: Jamaika! Das einfache
Leben, unbeschwert, locker, die Erkenntnis, dass man nicht viel
Materielles braucht, um glücklich zu sein.
Warum
gerade diese Karibikinsel?
Langsdorff
zuckt mit den Schultern. "Es war die große Zeit des Reggae, das
hat mir gefallen." Frei und erst mal ungebunden verlängerte er
den sechswöchigen Urlaub auf drei Jahre. "Eine gute Zeit",
stellt er fest und wirft mir einen vielsagenden Seitenblick zu. Das
Leuchten, das in seinen Augen aufblitzt, spricht Bände. Das einfache
Leben sagte ihm zu: Auto, ein paar Klappstühle und 200
Langspielplatten, viel mehr brauchte er damals nicht. Zwanzig Stunden
am Tag brachte der Radiosender, für den er arbeitete, Reggae. Kneipe
- Live-Konzerte - tolle Zeit, murmelt er noch, dann schweigt der
Gentleman genüsslich. - Bevor ihn der Schalk doch noch einholt:
"Kürzlich hat mir jemand gesagt, dass die in meiner ehemaligen
Kneipe immer noch "mein" Salatdressing anrühren",
fällt ihm ein, und er lacht humorvoll. "Sage nochmal jemand,
man würde keine Spuren hinterlassen. Und wenn es nur die Spur des
Salatdressings ist."
Die
Spuren im Lebenssand vertieften sich nach seiner Rückkehr nach
München. Öffentlich-rechtliches Radio war nicht mehr so sein Ding,
und so heuerte er als freier Redakteur bei Radio M1 an. Im Mief von
Kettenrauchern und Kaffee wurde Rock 'n' roll gespielt, was das Zeug
hielt - beziehungsweise solange der Sendemast hielt. Der sei eines
Tages in den Alpen von einem Saboteur gesprengt worden, schildert von
Langsdorff. Wie auch immer - es wurde daraufhin eine Kabelfrequenz
eingekauft, und so ging es weiter mit M1, wenn auch mit einem großen
Unterschied: Langsdorff grinst. "Ich glaube, wir kannten in dieser Phase
jeden unserer Hörer persönlich." Die Frage der
Wirtschaftlichkeit stellte sich irgendwann, Geldgeber stiegen ein,
und damit begann sich das berufliche Blatt auch für ihn zu wenden -
weg vom Hören sind zum Sehen.
Kino, Kino
Denn zu
diesem Zeitpunkt hatte sich von Langsdorff längst einen Namen als
anerkannter Filmkritiker gemacht. Der nächste Schritt lag auf der
Hand. Zusammen mit Maria-Theresa von Seidlein gründete er die S&L
Medienproduktion GmbH. Das Produzieren von "The making of"
war ihre Spezialität, und die Blöcke wurde von mehreren freien TV-Sendern in 30 minütigen Sendungen zum Kinostart der
jeweiligen Filme ausgestrahlt. Reportagen von den Filmfestivals in
Cannes, Deauville und Venedig folgten. „Ich war auf jedem großen
Set, der irgendwo auf der Welt gedreht wurde und habe alle wichtigen
Leute getroffen.“ Wer kann das schon von sich sagen!
Irgendwann
entwickelte sich die Idee weiter, S&L Medianetworx GmbH wurde
gegründet, eine Presseagentur für Hollywoodfilme. Interviewpartner
für Presseinterviews wurden vermittelt und gecoacht, Kino-Marketing
vom Feinsten betrieben. Und weiter ging es mit dem Kauf des
zweitgrößten Kinomagazins... Bilder vom Set, Fotos von den Stars,
Filmausschnitte, Clips, Marktforschung... Die Spirale drehte sich
immer weiter nach oben, aber auch ein Flop war zu verkraften:
Kino-online-Ticketing. "Das hatten wir uns wohl zu leicht
vorgestellt", gesteht von Langsdorff rückblickend.
Kino
indes beherrschte sein Leben. Drei Filme sah er sich
durchschnittlich an - pro Tag. Wie lange kann man diesen Stress verkraften?
Für ihn persönlich war nach zwanzig Jahren Schluss. "Das Filmgeschäft
frisst dich auf. Klar, ich habe alles erreicht, was möglich war. Da
fühlst du dich gehetzt und wichtig. Wichtig! - Alles Blödsinn!
Irgendwann fragst du dich: Was tue ich mir da an?"
Und
jetzt?
Er
grinst. Klar musste er erst einmal runterkommen. "Anfangs dachte
ich jeden Morgen: Du musst was machen!" Heute ist er gelassener
geworden, hält inne, überlegt, wo er sich engagieren könnte. Ein
paar sinnvolle und weniger sinnvolle Dinge sind bis heute dabei
herausgekommen. "Ich habe eine lange Zeit gebraucht, um mich
wieder selbst zu fühlen."
Heute
genießt er das stille Leben mit Frau und Hund. Lange Spaziergänge
durch den Schwarzwald. Kochen, seine große Leidenschaft. (Dass er
übrigens auch an einer Rinderherde in Bayern beteiligt ist, entlockt
ihm eher ein Schmunzeln, denn das Fleisch der glücklichen Kühe
kann der passionierte Koch leider nicht selbst verbrauchen: „So
große Tiefkühltruhen habe ich nicht.“)
Ein bisschen untypisch für so einen
Macher!
Ein
skeptischer Seitenblick, als überlegte er, ob er das Folgende
nun wirklich preisgeben soll, dann erfahre ich doch noch etwas: Zum
Beispiel, dass er sich zweimal im Monat im Tafelladen engagiert, weil
er etwas "tun" will statt einfach nur Geld zu spenden. Dass
er über der Idee eines ultimativen Drehbuchs brütet. Und dass er
darüber nachdenkt, wie man die Außenwirkung Baden-Badens verbessern
könnte.
Ganz klare Anwort: "Überhaupt nicht!" Im Gegenteil. Er hat kaum noch Kontakt zu den alten Bekannten, macht einen großen Bogen ums Kino, ihm reicht ja oft schon ein Blick auf einen Trailer, um anhand der Schnittfolge und der Auswahl der Gags die Qualität eines Films beurteilen zu können. Ein wenig Übersättigung spricht aus seinen Worten, obwohl „ich inzwischen Licht am Ende des Tunnels sehe und hoffe, dass es kein Zug ist". Immerhin ist er jüngst Mitglied im Filmclub Baden-Baden geworden.
Aber so
ganz hat ihn die große Kinoleidenschaft noch nicht wieder gepackt:
Beim ersten Filmabend des Clubs war er zwar während der allgemeinen
Begrüßungsrunde dabei, stahl sich dann aber doch davon, als es
dunkel wurde und der Film anlief...
Aktualisierung Ende September 2016:
Tja....
Wie das so ist mit Leidenschaften - man kann sich noch so sehr gegen sie wehren, sie finden doch immer wieder ihren Weg zurück direkt ins Herz! So geht es auch einem Georg von Langsdorff. Was sagte er im Februar 2015, als die oben aufgeschriebene Geschichte entstand? Das Filmgeschäft fehle ihm kein bisschen? Getäuscht, lieber Freund! Inzwischen ist er aus der Video-Szene Baden-Badens nicht mehr wegzudenken, sie hat ihn wieder voll am Schopfe, die Film-Leidenschaft. Erst erfreute er das Bündnis "Baden-Baden ist bunt" mit seinen Künsten und drehte einen wunderbaren Clip über die internationale Suppenparten im September 2015
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jetzt ist er fast täglich mit der Video-Kamera in der Stadt unterwegs, um den neuen Internet-Blog "Mercurius" mit kunterbunten, höchst informativen und bewegten und bewegenden Geschichten zu füttern.
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Wie das so ist mit Leidenschaften - man kann sich noch so sehr gegen sie wehren, sie finden doch immer wieder ihren Weg zurück direkt ins Herz! So geht es auch einem Georg von Langsdorff. Was sagte er im Februar 2015, als die oben aufgeschriebene Geschichte entstand? Das Filmgeschäft fehle ihm kein bisschen? Getäuscht, lieber Freund! Inzwischen ist er aus der Video-Szene Baden-Badens nicht mehr wegzudenken, sie hat ihn wieder voll am Schopfe, die Film-Leidenschaft. Erst erfreute er das Bündnis "Baden-Baden ist bunt" mit seinen Künsten und drehte einen wunderbaren Clip über die internationale Suppenparten im September 2015
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