Menschen
in Baden-Baden, heute:
Stefan
Lutz-Bachmann
Es gibt Menschen, die besonderes bemerkenswert sind. Stefan Lutz-Bachmann ist ein solcher. Sie werden ihn in den letzten Wochen sicher häufiger in den Medien gesehen
haben, sei es als Mit-Organisator des Willkommensfestes für und mit
den Flüchtlingen, sei es als Mitorganisator der Friedenskundgebung
am 8. Mai um 18 Uhr auf der Fieserbrücke, oder sei als engagierter
Diakon in der katholischen Kirche St. Bernhard. Und Sie werden sich - falls Sie ihn noch nicht persönlich haben kennenlernen dürfen - bestimmt gefragt haben: Wer ist dieser Mann, der sich so engagiert?
Wir treffen uns im Pfarrbüro von St. Bernhard in der Weststadt, und das ist
kein Zufall, denn hier gehört er hin, mit Leib und Seele.
Stefan
Lutz-Bachmann ist ein Mann, der sich mit vollem Herzen für seine
Mitmenschen einsetzt, einer, der sich einmischt, der authentisch
ist, der in sich ruht, der andere begeistern und mitreißen kann -
und einer, der weiß, wer er ist und was er will. Ein Mensch, der mit
allen Sinnen intensiv lebt, der nicht mehr an seinem Profil arbeiten
muss, sondern der seine Stärken und Schwächen kennt und in der
glücklichen Lage ist, in seinem Leben nur noch das zu tun, was er
für richtig hält - und das ist viel.
Davon
können zum Beispiel Generationen von Schülern an der Klosterschule
vom heiligen Grab ein Lied singen, denn dort hat er 30 Jahre lang als
Geschichts-, Deutsch- und Religionslehrer gewirkt. Wenn man sieht,
wie respekt- und liebevoll seine ehemaligen Schüler und Schülerinnen
auch heute noch, da sie längst selber ihren eigenen Weg
eingeschlagen haben, mit ihm umgehen, kann man vielleicht am ehesten
erahnen, wer dieser Mensch ist und wie viel er auch im Leben anderer
Menschen in Bewegung setzen kann.
Zum Beispiel nahm er in Vorbereitung des Willkommensfestes die Zügel selbst in die Hand, organisierte mit dem Musiklehrer seiner ehemaligen Schule einen "Black-and-white-together-Chor" aus Flüchtlingen und Schülern und sang selber voller Inbrunst mit.
Zum Beispiel nahm er in Vorbereitung des Willkommensfestes die Zügel selbst in die Hand, organisierte mit dem Musiklehrer seiner ehemaligen Schule einen "Black-and-white-together-Chor" aus Flüchtlingen und Schülern und sang selber voller Inbrunst mit.
Ein
Mann also, der Baden-Baden aus voller Überzeugung von innen heraus
geprägt hat und weiterhin prägt. Ein Glücksfall für die Stadt, in
die er vor Jahrzehnten eher aus pragmatischen Gründen zog. Denn von
Herkunft und Herzen her ist er ein echter Frankfurter, den es auch
heute immer noch gern in seine Heimatstadt zieht, wo er genüsslich
mit Freunden dem Äppelwoi frönt, durch Jazzkneipen zieht, aber
genauso gern die kulturellen Orte der Stadt aufsucht und sich dort
inspirieren lässt.
Hier
in Frankfurt ist er aufgewachsen, zur Schule gegangen, hat studiert.
Philosophie und Theologie zunächst, an der renommierten
theologischen Jesuitenhochschule St. Georgen.
Wie
kommt ein junger Mensch dazu, solche Studienfächer zu wählen?
„Die
Themen haben mich immer schon interessiert“, versucht Stefan
Lutz-Bachmann zu erklären. Schon im Gymnasium habe er philosophische
Arbeitsgemeinschaften besucht, Religion gehörte zu seinen
Prüffächern im Abitur. Ursprünglich habe er tatsächlich in den
kirchlichen Dienst gehen wollen, sagt er. Eigentlich ein
folgerichtiger Weg, denn seit seiner Kindheit sei er eng in der
Jugendarbeit der katholischen Kirche eingebunden gewesen, erst als
Messdiener, später als Pfadfinder. „Das zweite Vatikanum hat mich
stark beeinflusst“, sagt er rückblickend, und auf Nachfragen fällt
ihm auch gleich der Name seines ehemaligen Religionslehrers ein, der
ihn während der gesamten Gymnasiumszeit begleitet und geprägt hat,
ein Urgestein, konservativ, doch authentisch. „Später, als ich
selber Lehrer war, habe ich mich im Unterricht oft bei dem Gedanken
ertappt: Das hätte jetzt auch von deinem damaligen Lehrer stammen
können.“
Lehrer? - Nur über Umwege
Aber,
im Vertrauen: Lehrer an einer Schule - das habe er nie werden wollen!
Sondern?
„Ja,
da habe ich damals etwas diffuse Vorstellungen gehabt“, gibt er
heute schmunzelnd zu.
Dass
Philosophie und Theologie nicht ganz das Richtige für ihn waren, schwante ihm eigentlich schon, als die Studentenunruhen seines 1968er
Abiturjahrganges aufflackerten => KLICK.
„Das
hat sehr zu meiner politischen Menschwerdung beigetragen.“
Aber er zog sein Studium dennoch durch und beendete es mit Diplom, sattelte dann jedoch um auf
Geschichte und Germanistik – und immer noch war der Schuldienst
keine Option für ihn. Kirchliche Bildungsarbeit, Verlagswesen,
Medien – irgendetwas in dieser Richtung schwebte ihm vor.
War
es Zufall, dass just zum Zeitpunkt seines Abschlusses ein Posten bei
der Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der deutschen
Bischofskonferenz frei wurde? Er bewarb sich und wurde Referent für
politische Bildung mit Schülern, mit Büro in Köln. Eine spannende
Zeit, in der er sich mit Friedenspolitik, Deutschlandpolitik,
Raketenstationierung und Ökologie beschäftigte, auch ein großes
deutsch-französisches Zeltlager zum Thema Abrüstung
organisierte.
Viel
Wochenend-Arbeit bedeutet dies, und bald ließ sich das nicht mehr so
einfach mit seinem Privatleben vereinbaren, denn über die Arbeit
hatte er seine Frau Gudrun kennengelernt, die ebenfalls als
Referentin im kirchlichen Dienst arbeitete und die wie er an Wochenenden
eingespannt war.
Da
Stefan Lutz-Bachmann während dieser Zeit bereits einen Lehrauftrag
an einer Waldorfschule wahrnahm und auch als Student schon
unterrichtet hatte, war der zeitlich etwas geregeltere Lehrerberuf
mit einem Mal nicht mehr ganz so abwegig. Die nötigen Abschlüsse
holte er schnell nach und wieder kam der Zufall ins Spiel und spülte
den jungen Familienvater mit zwei Kindern nach Baden-Baden, wo die Klosterschule gerade Lehrer wie ihn
suchte.
Dreißig Jahre unterrichtete er seitdem an dieser Schule, aber damit nicht
genug.
Anfang
der 90er Jahre begann er außerdem, die losen Enden der Fäden seines
Lebens aufzunehmen und fester miteinander zu verknüpfen: Fünf Jahre
lang ließ er sich fortan in seiner Freizeit und an Wochenenden zum
Diakon ausbilden; im November 1998 wurde er in St. Bernhard feierlich
zum Diakon geweiht.
Seitdem
ist er aus dem sakramentalen Leben der katholischen Kirche
Baden-Baden, besonders in St. Bernhard, nicht mehr wegzudenken.
Taufe, Trauungen und Beerdigungen werden von ihm vorbereitet, ebenso
begleitet er Erwachsene - in diesem Jahr übrigens auch einige
Asylbewerber - bei ihrer Vorbereitung auf Taufe und Firmung und
bildet selber Diakone aus. Seit 2015 ist er außerdem Sprecher des
Diakonatskreises des Dekanats Baden-Baden, und ist im
Rahmen des caritativ/diakonischen Dienstes auch vor ein paar Jahren
zum Vorsitzenden des Aufsichtsrates des Caritasverbandes für die
Stadt Baden-Baden gewählt worden - eine Aufgabe, die ihn ganz
besonders stolz macht.
Und
auf diese Weise war für ihn auch der Übergang vom Berufs- ins
Pensionärsleben fast unmerklich. Ruhestand sei sowieso „ein blödes
Wort“, bemerkt er frank und frei. Als Diakon bleibe er der Gemeinde
ja wie eh und je erhalten, und auch seine Lehrtätigkeit hat sich nur
verlagert: Als Dozent für Deutschkurse ist er seitdem an der Staatlich anerkannten Fachschule für Altenpflege Sancta Maria in Bühl tätig.
Dennoch
kam es zu einer Zäsur: Knapp 65jährig begab er nach seiner
Verabschiedung aus dem Schuldienst im letzten Herbst auf große
Wanderschaft, fast fünf Wochen war er mit seiner Frau von
Roncesvalles bis Santiago de Compostela auf dem Jakobsweg unterwegs.
Ein spirituelles Erlebnis, das ihn sehr beeindruckt hat.
„Da
war Baden-Baden plötzlich ganz weit weg“, resümiert er. „Ich
habe auf dem Weg viel Zeit gehabt, meine Gedanken zu ordnen, Ruhe zu
tanken und neue Pläne zu machen.“
Der Weg zu sich selbst
Geht
das wirklich? Ist der Weg nicht nach Hape Kerkelings Buch
hoffnungslos überlaufen? Er schüttelt den Kopf. Das pendele sich
ein, jeder laufe ja nach seinem eigenen Rhythmus. „Man läuft zu
sich selber.“ Und so nimmt es nicht Wunder, dass die nächste Tour
schon geplant ist.
Denn
der Marsch habe tatsächlich sein Leben verändert. „Ich werde
jetzt verstärkt nur noch Dinge tun, die ich immer schon tun wollte," hat er sich vorgenommen.
Vieles sei ja im beruflichen Leben liegengeblieben, jetzt aber gibt es
nur noch ein Auswahlkriterium: Wichtig oder unwichtig?
Was
hat ihm dieser „Weg zu sich selbst“ gebracht?
Er
müsse nun keine Diskussionen mehr führen, die er nicht führen
wolle, fällt ihm spontan ein. „Ich muss mir nichts mehr beweisen. Wenn ich denke, dies oder das bringt mir nichts,
dann mache ich es einfach nicht mehr.“
Was
ist ihm wichtig?
„Es
hat mich immer schon bewegt, wie ich Leute motivieren kann. Wie kann
man sie begeistern und mitziehen?“
Was
treibt ihn an?
„Ich
will Dinge in Bewegung bringen. Man kann alleine viel Gutes tun, aber
es geht noch besser, wenn es viele gemeinsam tun.“
Repräsentant der "Armen"
So verstehe er auch seine Arbeit als Diakon. „Das ist nichts Spektakuläres“, sagt er. „Ich will Leuten ein Beispiel geben, dass man auch heutzutage sehr wohl Dinge bewegen kann."
Als
Diakon wolle er die „Armen“ der Gesellschaft repräsentieren,
also diejenigen, die am Rand stehen, die wirklich Bedürftigen, aber auch
die Kranken, Behinderten und Ausgegrenzten. „Ich will in Erinnerung
bringen, dass es auch sie gibt.“
Warum?
„Die
wichtige Frage am Ende eines Lebens ist ja nicht, wie oft man gebetet
hat, sondern wie man sich für seine Mitmenschen eingesetzt hat.“
Das
also treibt ihn an.
Deshalb
engagiert er sich auch politisch, zum Beispiel im Bündnis „Bunt
statt braun“, für dass er im März das große Willkomensfest für
und mit den Asylbewerbern mitorganisiert hat und für das er am 8.
Mai um 18 Uhr auf der Fieserbrücke die Friedenskundgebung moderiert,
bei der ganz Baden-Baden aufgerufen ist, den 70. Jahrestag der
Kriegsende zu feiern. (Siehe unten, hier sein Video-Intervideo für goodnews4)
Und
was kommt danach?
Er
schmunzelt. „Danach wird mein Leben hoffentlich etwas ruhiger
werden. Vielleicht finde ich dann wieder etwas mehr Zeit zum Lesen
und Malen.“
Wie
auch immer – Stefan Lutz-Bachmann ist ein Mensch, der aus tiefster
Seele glücklich und zufrieden ist, der andere trägt und mit ihnen
ein Stück des Lebens gemeinsam weitergeht und sie an seiner inneren
Kraft teilhaben lässt. Ein Vorbild.
Danke!
Mehr Geschichten über Menschen in Baden-Baden finden Sie hier => KLICK
Die Friedenskundgebung findet am Freitag, 8. Mai, um 18 Uhr auf der Fieserbrücke statt. Alle Baden-Badener sind aufgerufen teilzunehmen. Bitte bringen Sie unte Fahnen mit! Zum Programm lesen Sie bitte meinen Blogeintrag => KLICK
Die Friedenskundgebung findet am Freitag, 8. Mai, um 18 Uhr auf der Fieserbrücke statt. Alle Baden-Badener sind aufgerufen teilzunehmen. Bitte bringen Sie unte Fahnen mit! Zum Programm lesen Sie bitte meinen Blogeintrag => KLICK