Rotary-Club
und Lions
spenden
Busfahrkarten
Eine Asylunterkunft am Rande des Stadt hinterm Bahndamm - das bedeutet für die Bewohner vor allem eines: zeitraubende Fußmärsche, wenn sie zu den Ämtern, zum Arzt oder einfach nur einkaufen wollen. Wollen sie gar an den tollen Angeboten der Vereine Baden-Badens zum gemeinsamen Musizieren oder Sporttreiben teilnehmen, geht dies im Augenblick nur, wenn sich freiwillige Helfer finden, die sie auf eigene Kosten mit eigenen Pkws hin- und herfahren. Denn einfach den Bus nehmen und für Hin- und Rückfahrt 4,60 Euro hinblättern - das ist für sie finanziell einfach nicht drin. Für einige der Asylbewerber ist bereits ein Fußballtraining im für sie fernen Lichtental an dieser Transportfrage gescheitert.
Das darf doch nicht wahr sein!, sagten sich die Mitglieder zweier Business-Clubs in der Stadt, als sie von diesem Dilemma hörten.
Der
Rotary-Club Baden-Baden-Merkur unter ihrem Vorsitzenden Kurt
Brandstetter hat sich deshalb spontan entschlossen, der Asylunterkunft in der Westlichen Industriestraße vier übertragbare
Jahreskarten zur Busbenutzung innerhalb des Stadtgebiets im
Gesamtwert von rund 2300 Euro zu spenden.
Auch
der Lions-Club unter Vorsitz von Daniel Sprafke engagiert sich stark
in der Flüchtlingshilfe. Der Club hatte die Asylbewerber der
Westlichen Industriestraße zu Weihnachten mit einem dreigängigen
Festmahl überrascht. Für diese Aktion hat der Club kürzlich den
ersten Integrationspreis des Districts verliehen bekommen. Das
Preisgeld in Höhe von 750 Euro stockte man nun um knapp 500 Euro auf
und ermöglichte somit die Anschaffung von zwei übertragbaren
Jahreskarten für die Flüchtlinge in der Westlichen Industriestraße.
(Eine Jahreskarte kostet 582 Euro.)
Von links: Samuel Mottaki, Kurt Brandstetter, Peter Weingärtner und Daniel Sprafke und die Asylbewerber, die die Verteilung der sechs Jahresfahrkarten übernehmen werden. |
Gestern
wurden die Busfahrkarten an die Sprecher von sechs in der
Asylunterkunft vertretenen Nationen übergeben, die nun ihrerseits
die Verteilung der jeweiligen Monatsabschnitte übernehmen werden.
Hierbei werden sie von ehrenamtlichen Helfern der Gruppe "aktiv Brücke"
unter Leitung von Samuel Mottaki unterstützt. (Hier geht es zur
Webseite der Gruppe =>KLICK )
Als
Vertreter der Stadtverwaltung sprach der Leiter des Fachgebiets
Soziale Leistungen, Peter Weingärtner, den Business Clubs sowie den
ehrenamtlichen Helfern Dank und Anerkennung der Stadt aus.
*
Meine
Meinung:
Diese
spontan gespendeten Busfahrkarten sind ein großartiges Zeichen, wie
Flüchtlingshilfe in Baden-Baden funktioniert: Man spricht ein Thema im privaten Kreis an, und sofort werden Lösungen gesucht. Wo man in dieser Zeit auch hinkommt, überall stößt man auf diese generelle Hilfsbereitschaft quer durch alle Bevölkerungsschichten. Das ist einfach wunderbar! Denn je weniger Probleme es gibt, umso besser wird die Integration der neuen Bewohner auch funktionieren.
Die Fahrkarten helfen den Asylbewerbern jenseits des Bahndamms sehr, und sie freuten sich ehrlich über diese großherzige Spende und waren von Herzen dankbar.
Vergessen
wir aber nicht, dass teure Busfahrkarten nicht nur das Problem
von Asylbewerbern ist. Über 4000 Menschen sind in unserer reichen
Stadt auf Sozialhilfe beziehungsweise Leistungen nach den Hartz IV
Regelsätzen angewiesen. Auch sie müssen jeden Euro umdrehen, auch
sie können sich den Bus nicht leisten. Empörend, wie ich finde. Wie sollen sie zum Beispiel zum Tafelladen in Lichtental gelangen, wo sie sich mit günstigen Lebensmitteln eindecken könnten? Es
wird höchste Zeit für die Einführung eines Sozialtickets, mit dem
jeder, der nachweislich bedürftig ist, für 20 Euro pro Monat die Busse im
Stadtgebiet benutzen kann.
Für
den KVV wäre das Sozialticket sogar ein
doppelter Gewinn, würde man auf diese Weise doch sicherlich so manchen „Neukunden“ bekommen. Ich möchte nicht wissen, wie viele Menschen aus der Not
heraus „schwarz“ fahren oder eben zu Fuß gehen – Menschen, die
niemals Kunden des Verkehrsverbundes würden, weil sie
es sich schlichtweg nicht leisten können. Ein Sozialticket könnte
also beiden Seiten helfen. Die Stadt kann und darf sich nicht auf der Hilfsbereitschaft der Bürger ausruhen; sie muss endlich handeln!
Mehr Informationen, Termine und Reportagen zum Thema finden Sie auf meiner Extra-Seite "Asyl" => KLICK