Sonntag, 30. November 2025

Sasha Koura - Künstlerin in Baden-Baden 2025

 

Kunst im Umgang mit materiellen Resten

und der Zuschreibung von Bedeutung

 

Deckel von Leitz-Ordnern, Papierreste, antiquarische Bücher – für die einen sind sie genau das: Ordner, Papier, Bücher. Für Sasha Koura aber sind sie Inspiration, und sie verwandelt sie in Kunst. Und das so erfolgreich, das sie der Titel „Künstlerin in Baden-Baden 2025“ verliehen wurde. Die Ausstellung ihrer Werke, die unter dem Titel „Von Schwelle zu Schwelle“ mit der Preisverleihung einhergeht, wurde heute im Alten Dampfbad am Marktplatz eröffnet und wird noch bis zum 25. Januar zu sehen sein.

Aber zurück zu … – ach, nehmen wir doch gleich die Leitz-Ordner, die in der Rotunde des Dampfbades zu sehen sind. Marmorierte Muster, Sternenhimmel, Trauer um Verstorbene – all das geht Sasha Koura durch den Kopf, wenn sie mit diesem Material arbeitet. Die gebürtige Londonerin, die seit 2010 in Baden-Baden lebt, wird nicht müde, von ihren Assoziationen zu sprechen, und wer ihr zuhört, versteht und sieht.  

 


Konzeptkunst braucht Anleitung, und deshalb können sich die Besucher der Ausstellung von einem gut verständlichen kleinen Faltblatt leiten lassen. In ihm werden die Themengebiete der Arbeiten Raum für Raum vorgestellt. In der Rotunde, wie gesagt, geht es um Andenken, im Florentinersaal um „das Fremde Heimat-Museum“, im Marktsaal unter dem Thema „Zeugnisse sind aussortierte und gefundene persönliche Dokumente gegen das Vergessen aufbewahrt... und so weiter.  

 


Pressetext:

„Ausgehend von Paul Celans gleichnamigem Gedichtband versteht Sasha Koura die Schwelle als zentrales Denkbild – als Ort des Dazwischen, des Unabgeschlossenen, des Fragilen. Ihre Arbeiten stehen in respektvollem Dialog mit Celans Verständnis von Dichtung als offenem, fragmentarischem Raum, in dem Sinn nicht festgeschrieben, sondern nur im Moment des Einlassens erfahrbar wird – durch das Nichtgesagte und das einfühlende Gegenüber.

In einer Gegenwart, die von Vereinfachung, Polarisierung und Bedeutungsüberfrachtung geprägt ist, setzt die Ausstellung auf eine Haltung der Offenheit und fordert dazu auf, sich fragilen Räumen des Übergangs bewusst auszusetzen. Sasha Koura nimmt diesen Gedanken auf und überträgt ihn in ihre künstlerische Sprache: Papierfragmente, Überreste und Fundstücke werden neu geordnet, geschichtet, fotografisch dokumentiert oder in fragile Konstellationen gebracht.

 


Die Künstlerin arbeitet häufig mit thematischen Sammlungen, die sie über längere Zeit fortführt. Eine dieser Werkgruppen, die in der Ausstellung gezeigt wird, ist die Serie Zeugnisse. Darin werden aussortierte persönliche Dokumente in den musealen Raum überführt – nicht als Archiv im eigentlichen Sinne, sondern als Reflexion über den Prozess des Archivierens selbst: über Auswahl, Aufbewahrung und Vergessen im Rahmen wechselnder Wertesysteme.

Eine weitere Sammlung, die in der GFjK erstmals ausgestellt wird, ist das Fremde-Heimat-Museum. Diese fortlaufende Werkgruppe versammelt Objekte und Dokumente zum Thema konstruierte Herkunft und imaginiert ein fiktives Museum aus einem Land jenseits von Zeit und Ortung. Die Sammlung spielt mit vertrauten Formen kultureller Erinnerung und lädt dazu ein, über Zuschreibungen von Identität, Geschichte und Fremdheit nachzudenken.“

 


Zur Person:

Sasha Koura wurde in London geboren, ihr Alter möchte sie nicht verraten. Sie absolvierte ihr Kunststudium am Chelsea College of Art in London und an der Ruskin School of Drawing and Fine Art in Oxford. 2023 war sie Preisträgerin des Hanna-Nagel-Preises und 2024 Stipendiatin des Landes Baden-Württemberg an der Cité Internationale des Arts in Paris. Die Auszeichnung „Künstler/in in Baden-Baden“ wird seit vielen Jahren von der Stadt Baden-Baden in Kooperation mit der Gesellschaft der Freunde Junger Kunst verliehen.  

 


Zur Ausstellung:

Öffnungszeiten Dienstag bis Freitag 14 bis 18 Uhr, Samstag Sonntag und Feiertage 11 bis 17 Uhr. Eintritt frei.

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