Trinkwasser in Baden-Baden
Qualität auf höchstem Niveau
In der Diskussion um das neue Klinikum kommt ja immer wieder das Argument hoch, man hätte seitens Baden-Badens bei der Standortsuche den Segelflugplatz vorschlagen sollen. Das Gelände liegt jedoch im Trinkwasserschutzgebiet unserer Stadt. Wie wichtig dieses Gebiet für die Trinkwasserversorgung der Stadt ist, davon habe ich mich diese Woche bei einem Besuch im Grundwasserwerk Sandweier selbst überzeugen lassen. Der Segelflugplatz liegt zwischen der Stadt und den Grundwasserbrunnen, aus denen wir die meiste Zeit des Jahres sogar ausschließlich unser Wasser beziehen. Ein Gebäude wie ein Großklinikum, das aus Gründen kurzer Wege nicht flach, sondern mehrere Etagen in die Tiefe gebaut werden müsste, würde tatsächlich die Gewinnung des Trinkwassers massiv stören. Es ist keine Option. Und für diese Tatsache braucht man kein gesondertes Gutachten; es reicht, wenn man sich die Dinge vor Ort ansieht, um die Dimension dieses Themas zu erfassen.
Man bedenke doch nur, wie einfach es heutzutage doch ist: Wir drehen den Hahn auf – und schon fließt Trinkwasser, klar, sauber, frisch, endlos. Verlässlich Tag und Nacht, bei Hitze und Eis. Und das in höchster Qualität, fein säuberlich abgestimmt in Weichheit und Inhaltsstoffen.
Das war nicht immer so, wie bei einer Führung durch das Grundwasserwerk „Oberwald“ in Sandweier im Rahmen der Sommerdialoge des Kulturbüros zu erfahren war. Roland Spitzmesser, Abteilungsleiter Gas-Wasser-Wärme der Stadtwerke, berichtete einer kleinen Besuchergruppe spannende Details.
So war um das Jahr 1850 dieses heute alltägliche Wasserhahn-Aufdrehen ein echter Luxus nur für Menschen, die es sich leisten konnten. Damals wurde reines Quellwasser aus den Höhen des Schwarzwalds über Holzrohre nach Baden-Baden geleitet. Erst um das Jahr 1900 fanden die Stadtverantwortlichen, das jeder Haushalt in der Stadt Zugang zu Trinkwasser haben sollte.
Da das Quellwasser für den Bedarf aber nicht ausreicht, wird es seitdem mit Grundwasser ergänzt, das aus 35 Metern Tiefe gewonnen wird. Die in der Rheinebene bei Sandweier geförderten Mengen wurden dafür kontinuierlich erhöht. In seinem Baujahr 1912 produzierte das Grundwasserwerk Oberwald 400 Kubikmeter pro Stunde, schon in den 50er Jahren wurde die Menge verdoppelt, und heute läuft die vierfache Menge auf knapp 500 Kilometern durch die Rohre durch die Stadt und erreicht rund 11.800 Hausanschlüsse. Noch ein paar Zahlen: 2,2 Millionen Kubikmeter kommen pro Jahr aus dem Horizontalfilterbrunnen, das sind 50 Prozent der Jahresmenge für ganz Baden-Baden. Im Sommer deckt allein dieser Brunnen 90 Prozent des Tagesbedarfs, weil die Quellen im Schwarzwald in der warmen Jahreszeit inzwischen regelmäßig versiegen.
Gereinigt wird das Grundwasser übrigens ganz ohne Chemie. Eisen und Mangan entzieht man, indem man das Wasser über Quarzsand laufen lässt, und die Niederdruck-Umkehrosmose-Anlage reduziert seit 2017 die Wasserhärte und PFAS. Diese Umkehrosmose holt übrigens wirklich alle Stoffe aus dem Wasser, am Schluss bleibt nur destilliertes Wasser übrig, und das muss dann wieder mit ungefiltertem Wasser vermischt werden, damit es Trinkwasserqualität bekommt. Spurenelemente brauchen wir ja auch.
Die PFAS (=> https://www.bmuv.de/faqs/per-und-polyfluorierte-chemikalien-pfas) bereiten den Fachleuten Kopfzerbrechen. „Die werden wir nie mehr los“, sagte Spitzmesser. Die gute Nachricht: Sie lassen sich komplett aus dem Wasser entfernen. Anfang 2024 wird auch in Sandweier eine Aktivkohlefilteranlage in Betrieb gehen, die diese Schadstoffe zu hundert Prozent aus dem Wasser holt.
Und was ist mit den vermehrt trockenen Sommern? Ist unser Trinkwasser in Gefahr? Mitnichten, winkt Spitzmesser ab. „Wir haben hier den größten Trinkwasserspeicher Europas“, beruhigt er die Besucher, und bislang habe man keine gravierende dauerhafte Absenkung des Grundwasserspiegels feststellen können. Natürlich sinke der Pegel im Sommer ab, aber das gleicht sich im Jahresverlauf immer wieder aus, zumal im Winter die Quellen aus dem Schwarzwald für frischen Zulauf sorgen.
Wer mehr erfahren möchte:
Hier kann man die Wasserhärte am genauen Wohnort ermitteln. Ich habe erfahren, dass die Stadtwerke durch Beimengungen eine konstante Wasserhärte von 7 bis 8 Härtegraden anstreben. =>
https://www.stadtwerke-baden-baden.de/de/privatkunden/trinkwasser/wasserqualitaet.php
Hier ein virtueller Rundgang durch das Grundwasserwerk mit Roland Spitzmesser => https://www.youtube.com/watch?v=s5sEu2HzkMw
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