Freitag, 8. Juni 2018

Turrell


Turrell-Ausstellung im Museum Frieder Burda:
Vom Glück, mit allen Sinnen im Licht zu baden

Sensationell! Ein anderes Wort passt wohl nicht zu dem, was ab Samstag, 9. Juni 2018, im Museum Frieder Burda in Baden-Baden zu sehen ist. Zu sehen? Zu erleben! Man badet darin. Man verläuft sich. Verliert sich. Alles ist umgekrempelt, nichts ist mehr, wie es war. Das fängt schon beim Museumsbau selbst an, in dem sich unlängst sogar der Hausherr verirrte, wie am Rande der Pressekonferenz vor der Eröffnung der großen Sommerausstellung zu hören war. 


 

Um was oder wen geht es?

James Turrell. Dieser Name steht für Licht. Viel Licht. Und Visionen. Nicht das Sehen steht im Mittelpunkt, sondern das Fühlen und Erleben mit allen Sinnen. 




Selbst die ganz normalen, handfesten Bauarbeiter, die in den letzten zwei Wochen schier Unmenschliches vollbracht hatten und vier große Sattelzüge Baumaterial verbaut haben, waren am Ende – wie übrigens alle anderen Mitarbeiter des Hauses - erschöpft, müde, stolz und glücklich. „Das ist wirklich Kunst, wir werden mit unseren Familien wiederkommen“ hätten die Handwerker zum Schluss freudestrahlend verkündet, hieß es – und nicht nur ihnen geht so. 


 

Die Besucher werden sofort in den Bann des Lichts gezogen, in die Lichtwelten, die James Turrell erschaffen hat. Es gab noch keine ähnliche retrospektivisch angeordnete Ausstellung in Europa, verkündete der Chef des Museums, Henning Schaper denn auch mit großer Genugtuung. Er muss es wissen, ist er doch schon länger mit dem Künstler von Weltruhm befreundet: Bereits vor neun Jahren, als er noch Museumsdirektor in Wolfsburg war, gab es dort eine Ausstellung mit Turrell. 



Aber die jetzige Show im Museum des Kunstsammlers Frieder Burda in Baden-Baden übertrifft alles! 





Das Schaffen Turrells aus 50 Jahren wurde hier zusammengefasst, von den ersten Jugendarbeiten Turrells (Raethro-Green) bis zum neuesten Werk, die „Accretion Disk“ aus der Serie „Curved elliptical Glass“, die 2018 eigens für die Sammlung Frieder Burdas geschaffen wurde und im Untergeschoss des Museums dauerhaft zu sehen ist: Eine Scheibe aus Gas, die mit sich ständig verändernden Lichtfarben, wie um einen neugeborenen Stern rotiert. Ein Bank lädt in dem kleinen Sonderraum dazu ein, sitzen zu bleiben, und das Kunstwerk in Ruhe auf sich wirken zu lassen. 


 

Die Ausstellung ist, wie Schaper bei der Pressevorstellung erklärte, in fünf Werkgruppen oder besser Rauminstallationen, eingeteilt und gibt einen umfassenden Überblick über Turrells Schaffen. „Eine völlig andere Wahrnehmenserfahrung im Museum“ verspricht der Chef, denn die Gäste sind nicht reine Zuschauer, sondern werden Teil der Kunst. „Das ist ein intensiver, direkter Dialog mit Kunst, man muss es sehen und spüren“, schwärmte Schaper, und alle Mitarbeiter, die die Ausstellung seit dem Aufbau begleitet hatten, nickten begeistert. 

 

Der langjährige Freund Turrells, Professor Wulf Herzogenrath aus Bremen, pflichtete dem bei. „Ganzheitlich“ erleben müsse man die Ausstellung, deshalb heiße das Werk im Erdgeschoss auch „Ganzfeld“. Dieser Lichtraum, den man übrigens nur in begrenzter Anzahl und mit Filzschuhen betreten darf, sorgte schon auf der Venedig Biennale 2011 für Furore.

Und auch der 1943 in Los Angeles geborene Künstler hatte allen Grund zum Strahlen. Ausstellungen seiner Werke dürfen nur mit seiner Zustimmung und unter seinem Mitwirken aufgebaut und gezeigt werden, während der letzten zwei Wochen war also auch Turrell selbst in Baden-Baden präsent, um alles zu begleiten. Vom Ergebnis zeigte er er sich sehr zufrieden, er habe den Aufenthalt sehr genossen, sagte er.



Auch sein Herzensprojekt, der Roden Crater, wird vorgestellt. Dies ist Turrells ehrgeizigstes Werk: Bei einem Flug über die Wüste Arizonas entdeckte er in den 70er Jahren einen erloschenen Vulkan und baut ihn seitdem zu einem gigantischen Himmelsobservatorium mit unterirdischen Schächten, Hallen und Stollen um – derzeit das größte Kunstwerk auf der Erde! Modelle, Fotografien und eine Filmdokumentation geben einen Eindruck dieses gigantischen „Tempels“.




Dass die Show ein Riesenerfolg werden wird, ist schon jetzt klar. Das Museum hat deshalb vorgesorgt. Damit die Schlangen nicht ins Unermessliche wachsen, gibt es online-Tickets mit einem Zeitfenster. Wer so ein Ticket hat, darf im angegebenen Zeitraum an den Schlangen vorbei. Allerdings wird es auch im Innern des Museums Wartezeiten geben, denn zum Beispiel der Lichtraum „Ganzfeld“ darf einfach nur von wenigen Besuchern zugleich betreten werden, sonst nimmt man sich gegenseitig das Licht weg. Und das wäre sehr schade um einen absolut unvergesslichen Eindruck! Also Geduld mitbringen und die Bereitschaft, sich mit allen Sinnen auf das Experiment Licht einzulassen!

Die Ausstellung öffnet am Samstag, 9. Juni, und ist bis zum 28. Oktober 2018 zu erleben. Fotografieren ist nicht erlaubt. 

Hier geht es zur Webseite des Museums mit allen weiteren Hinweisen, dem Link zum online-Ticket und zum Begleitprogramm => KLICK

Und hier der Link zu "Badisches.de". Auf diesem Online-Portal hat Georg von Langsdorff ein Video zur Ausstellung gedreht. Sehenswert! => KLICK