Freitag, 7. Juli 2017

Burda - Graham

 
Rodney Graham sorgt für Verjüngungskur:

"Kunst mit Stecker" der feinsten Art

Wer erinnert sich noch an die große JR-Ausstellung des Burda-Museums in Baden-Baden, als man überall in der Stadt Leute mit riesigen zusammengerollten Plakaten durch die Stadt laufen sah? Damals rieb man sich die Augen und staunte, dass das etwas behäbige Burda-Museum auch „jung“ konnte – dank Patricia Kamp, die der Motor zu dieser Show gewesen war.

Und auch jetzt, ein paar Jahre später, hat sie wieder die Hand im Spiel bei der ungewöhnlichen Lightboxes-Show des kanadischen Künstlers Rodney Graham. Sie war es, die den Mann und seine ungewöhnlichen Werke entdeckt hatte, gab der neue Direktor des Museums, Henning Schaper, gestern bei der Pressekonferenz zum Auftakt der Ausstellung unumwunden zu. Und so mausert sich das Burda-Museum im 13. Jahr seines Bestehens: Es habe die Pubertät hinter sich gelassen und zeige, dass es zu Lebendigkeit und Wandel fähig sei, sagte Schaper. Die klassische Moderne werde immer Bestandteil bleiben, versicherte er, aber man wolle eben auch vital und lebendig sein und die Zuschauer immer wieder überraschen.

Von links: Henning Schaper, Patricia Kamp, Rodney Graham


Das gelingt dem Haus nun zweifelsfrei. Als „Kunst mit Stecker“ seien die neuen Kunstformen manchmal belächelt worden, verriet Patricia Kamp augenzwinkernd. Aber nun ist er da, der große Rodney Graham, der „Mann mit den tausend Gesichtern“ und „melancholische Zeitreisende“, der 1949 in Vancouver geboren wurde. 




Er selbst sieht sich eher als Produzent seiner Kunstwerke, nicht als Fotograf. Die Technik überlässt er anderen, gibt er zu, und dass die Fachleute viel mit Photoshop arbeiten, versteht sich offenbar von selbst. Der Künstler lächelt dazu, ihm geht es um die Performance an sich, die Idee, die er oft Jahre mit sich herumträgt, und die er dann binnen zwei, drei Monaten umsetzt – immer nur mit einer Hauptperson: Rodney Graham himself. 


 

Die Kunstwerke Grahams sind vielschichtig, abwechselungsreich, überraschend und oftmals sehr witzig! Hingehen lohnt sich, ganz nahe an die Werke herantreten und einfach nur angucken! 




Das prominenteste Stück ist zweifellos im großen Saal im Erdgeschoss der schlafende Antiquar in seinem Laden. Mit welcher Akribie Graham all die Requisiten und Utensilien zusammengetragen hat, die zwangsläufig in einem Antiquariat zu finden sein müssen! 



 

Es macht Spaß, sich die „lightboxes“ - überdimensionale ausgeleuchtete Fotografien von unglaublicher Brillanz – anzuschauen. 

 

Gehen Sie ins oberste Stockwerk und betrachten den Koch, der keinen "Bock" mehr hat und unter einer Birke eine Zigarette raucht. Sehen Sie, dass in seinem Ärmel ein Löffel steckt? Und dass er ein Pflaster am Finger hat? 

 


Und versäumen Sie nicht, ins Film-Kabinett einzutauchen und den tanzenden Kronleuchter zu bestaunen! Was für eine Idee! Unvorstellbar!

Wem das alles nicht reicht, wer nun am liebsten selber aktiv werden würde, dem sei – und nun kommen wir zum Beginn meiner Ausführungen zurück – der Gang ins Untergeschoss angeraten. Hier kann man in allen möglichen Requisiten wühlen, sich verkleiden und Teil eines Bildes werden. Man kann sich dabei selbst mit dem Handy fotografieren (lassen), oder die Hilfe eines Museum-Mitarbeiters erbitten. Dann bekommt man seine eigene Foto-Installation nämlich sogar ausgedruckt und kann sie mit nach Hause nehmen. Nicht so groß wie einst die JR-Poster, nur normales Fotoformat – aber immerhin!




Jedenfalls habe ich vorhin während der Pressekonferenz das Team des ZDF dabei erwischt, wie es sich mit großem Spaß der Aufforderung zum Spielen, Tanzen, Improvisieren hingab. Das Ergebnis sollte heute Abend zu sehen sein, denn selbstverständlich werden alle großen Medien über dieses Spektakel berichten.



Wer die Austellung nun vor den Besuchermassen sehen will, dem sei noch etwas geraten: An diesem Wochenende findet ausgerechnet in der Lichtentaler Allee das Oldtimermeeting statt, und eigentlich sind die Wege zum Museum abgesperrt, bzw. man muss Eintritt zahlen. Nein, muss man NICHT! Man versicherte mir, es gäbe ein Agreement, dass Sie ohne Eintritt durchgelassen werden, wenn Sie sagen, dass Sie ins Museum wollen (und wenn Sie dies auch wirklich auf direktem Wege tun)!

Also, auf geht’s! Kunst macht Spaß! Auch im Burda-Museum!

Die Ausstellung ist ab morgen bis zum 26. November dienstags bis sonntags und an allen Feiertagen von 10 bis 18 Uhr geöffnet.

Hier geht es zur Webseite des Museums => KLICK

Und hier zum umfangreichen Rahmenprogramm mit Musik, Sonderführungen, Lyrik und der langen Nacht der Kunstmeile am 29. Juli => KLICK

Und hier geht es zur Seite und zu den Filmen des SWR, Sendung "Kunscht", die aus ihrer Begeisterung für diese Ausstellung keinen Hehl macht => KLICK
 



P.S. Einen Katalog zur Ausstellung gibt es natürlich auch!