Dienstag, 16. Mai 2017

Theatersaison 2017/18


"Wir"-Suche am Goetheplatz spannt
Bogen von Faust bis Lehman Brothers

Wir“ sind das Volk - „Wir sind für Europa“ - „Wir müssen das Abendland retten“ - unsere Gesellschaft ist heutzutage geprägt von Gruppenmeinungen, die aus unterschiedlichen Richtungen das „Wir“ für sich proklamieren. Darüber gilt es nachzudenken, entschloss sich Theaterintendantin Nicola May und kreierte zusammen mit ihrem Team das Motto der neuen Spielzeit am Goetheplatz: „Wer ist Wir?“ will das Ensemble mit vielen unterschiedlichen Aufführungen ergründen. Gestern wurde das neue Programm des Theaters vorgestellt, das einen Bogen spannt von der Oktoberrevolution in Russland 1905 bis zum Beginn der Wirtschaftskrise durch den Zusammenbruch der Lehman-Brothers.




Gleichzeitig erinnerte die Intendantin auch an einige Jahrestage, die speziell in Baden-Baden gefeiert werden können: Vor 25 Jahren (1989 bis 1992) zum Beispiel wurde das Gebäude komplett renoviert und saniert – was man mit sehr eindrucksvollem Vorher-Nachher-Fotografien im Jahresprogramm dokumentiert hat – und seit einhundert Jahren gibt es am Theater Baden-Baden bereits ein festes Schauspielensemble. Stadt und Land hätten allen Grund, sehr stolz sein, meinte May: Es sei „ein großer Schatz – sowohl was für das Haus geleistet worden ist, als auch, was das Haus aus sich heraus für die Bevölkerung leistet.“ 



 
Grund genug zur Freude also!

Und so stürzen sich die 17 fest angestellten Mimen nun in ihre ambitionierte, komische, musikalische, spannende und unterhaltsame Arbeit und bieten dem Publikum alles, was das Herz nur begehren kann.

Faust“-Liebhaber zum Beispiel werden nächstes Jahr voll auf ihre Kosten kommen: Nicht nur, das Faust I wieder aufgeführt wird, nein, Regisseur Harald Fuhrmann konnte auch gewonnen werden, den zweiten Teil auf die Bühne zu bringen. Für ganz hartgesottene Begeisterte wird es den Faust daher sogar im Doppelpack geben: Entweder an einem Sonntag (4. Februar 2018) hintereinander um 14 (Teil 1) und um 19 Uhr (Teil 2), oder an einem Wochenende Samstag, 21. April um 20 Uhr (Teil 1) und Sonntag, 22. April (Teil 2).

Das zweite Großprojekt der Saison ist die Geschichte der Lehman Brothers, die am 27. und 28. April 2018 Premiere feiert. In sehr einfacher Sprache werden hierbei die komplizierten Zusammenhänge erklärt, die schließlich zur großen Wirtschaftskrise 2008 geführt haben. Bei diesem Stück befinden sich die Zuschauerplätze übrigens auf der Bühne, deshalb ist die Platzanzahl begrenzt, so dass es auch zwei Premierentermine geben wird.

Neben diesen Großprojekten feiert zum Beginn der Saison am 9. September Maxim Gorkijs Vorrevolutions-Drama „Kinder der Sonne“ Premiere. Es folgen das fetzige Rockmusical „Fast normal“ (Premiere 21. Oktober), die wortwitzige Familienkomödie „Bella Figura“ von Yasmina Reza (10. November), sowie „Sonny Boys“, eine augenzwinkernde Hommage an den Beruf des Schauspielers (9. Februar 2018) und als Klassiker Max Frischs „Biedermann und die Brandstifter“ (18. Mai 2018).

Im Frühjahr wird es wieder eine Koproduktion mit den Osterfestspielen geben: Mozarts Oper „La Finta Giardiniera“ wird das Publikum ab 25. März entzücken. Und im Sommer begibt sich das Theater wiederum ins Freie und wird ab 15. Juni 2018 den Marktplatz mit Shakespeares „Der Widerspenstigen Zähmung“ beleben. Regisseurin Jenke Nordalm werde dafür sorgen, dass dieses Stück nicht frauenfeindlich herüberkommt, verriet Chefdramaturgin Kekke Schmidt auf der Pressekonferenz.

Highlight für die Kinder wird natürlich wieder das allseits beliebte Weihnachtsmärchen sein, das sich diesmal dem stärksten Mädchen der Welt zuwendet: „Pipi Langstrumpf“ wird ab 26. November die kleinen Theatergänger (ab fünf Jahren) ins Theater locken.
Leona Lejeune stellte außerdem noch das Programm des „Jungen Theaters“ vor, das die Stücke „Auerhaus“, „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“ und „Was sind wir und was hat Barbie damit zu tun“ im TIK aufführen wird. Das Programm werde aber im Herbst noch einmal gesondert vorgestellt, hieß es.

Die Dramaturgin und Leiterin des Jungen Theaters Baden-Baden, Leona Lejeune, Verwaltungsleiterin Marie Luise Leibing, Chefdramaturgin Kekke Schmidt und Intendantin Nicola May (von links nach rechts) freuen sich auf die neue Theatersaison.  (Foto: Julia Klaas)

Bleibt noch zu erwähnen, dass natürlich keine Theatersaison ohne ein Solo von Max Ruhbaum denkbar ist. „Wer ist Max?“ heißt dessen Auftritt ab 5. April 2018 folgerichtig.

Desweiteren spannt das Theater seinen Schirm an Wiederaufnahmen auf: Neben Faust I gibt es wieder beziehungsweise weiterhin die erfolgreichen Dauerbrenner „Tartuffe“ (auch an Silvester), „Der tolle Tag oder Figaros Hochzeit“, „Anatevka“, im Spiegelfoyer sind „Das Fräulein von Scuderi“, „Switzerland“ und „Am Hang“ zu sehen, sowie im TIK, bzw. mobil: „Patricks Trick“ und „Ronny von Welt“. Dass "Fit dürs Abi in 5 Tagen" weiterläuft, steht ebenfalls außer Frage.

Was bleibt? Die Hoffnung auf eine ähnlich erfolgreiche Spielzeit wie 2015/16. Da strömten sage und schreibe 70 000 Zuschauer ins Theater Baden-Baden. Und noch ein Termin zum Vormerken: Am 23. September wird wieder das beliebte Theaterfest gefeiert.