Sanfte Wachablösung
an der Spitze des AK Asyl
Nach
drei Jahrzehnten an der Spitze des Arbeitskreises Asyl in Baden-Baden
haben sich Sibylle Loeben als Vorsitzende und Christian Kühnel als
ihr Stellvertreter am Montag in der Mitgliederversammlung des Vereins
nun ins zwei Glied zurückgezogen und fungieren ab sofort nur noch
als Beisitzer im Vorstand. Gleichwohl bleibt ihr Wissen natürlich
erhalen, denn sie werden auch weiterhin wie gewohnt die Asylbewerber
im Stadtgebiet bei ihrem schwierigen Weg durch das Asylrecht beraten
und begleiten. Neuer Vorsitzender des Vereins ist Ludwig Herfs, der bis zu seinem Ruhestand 30 Jahre lang in leitender Position im Kinder- und Jugendheims Baden-Baden tätig war. Seit September letzten Jahres engagiert er sich aktiv im Arbeitskreis. Zu
seinem Stellvertreter wurde Rechtsanwalt Michael Hummel gewählt, als
Kassiererin wird künftig Lea Herfs fungieren.
von links: Christian Kühnel, Sibylle Loeben, Michael Hummel, Ludwig Herfs und Lea Herfs |
Schon
im Januar hatte sich die sanfte Veränderung an der Spitze des
Arbeitskreises angebahnt, als Sibylle Loeben verkündete, nach
Jahrzehnten harter Arbeit allmählich des Kämpfens gegen
bürokratische Windmühlen müde zu sein. Zehn Stunden in der Woche
widme sie sich mindestens diesem Ehrenamt – neben ihrem Job und
ihrem kleinen Bauernhof.
Als
am Montag der Punkt Neuwahlen näher rückte, übernahmen die
Mitglieder ohne viel Aufhebens zu machen, die Verantwortung. Und im
Zuge des Wechsels wurden auch gleich Satzungsänderungen genehmigt
und der Weg frei gemacht für die künftige Erhebung eines
Mitgliedsbeitrags. Wie hoch der sein wird, wird der Vorstand
demnächst beraten und festlegen.
Dass
formelle Mitgliedsbeiträge notwendig ist, zeigte ein Blick ins
Kassenbuch. So manches Mal hatten die beiden Vorsitzenden, wenn es
für Asylbewerber bei ihrer rechtlichen und finanziellen Versorgung
in Notfällen einmal eng wurde, selber eigenes Geld gespendet.
Inzwischen
ist dies nicht mehr nötig. Denn im gleichen Maßen, wie sich die
Zahl der Asylbewerber in Baden-Baden in den letzten Monaten erhöhte,
stieg die Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung. Das schlug sich
nicht nur in einem erhöhten Spendenaufkommen nieder, sondern auch in
der Zahl der Mitglieder im Arbeitskreis, die immerhin von elf auf
stattliche 26 wuchs. Darüber hinaus gibt es viele Freiwillige, die
dem Arbeitskreis ihre Sprachkenntnisse zur Verfügung stellen – was
überaus wichtig ist, denn immer mehr Asylbewerber müssen nun – in
Vorbereitung für die Asylverfahren - intensiv nach ihrem Fluchtweg
und ihren Fluchtgründen befragt werden.
Der
neue Vorsitzende Ludwigs Herfs unterstrich in diesem Zusammenhang den
unterschiedlichen Denkansatz zwischen dem Arbeitskreis Asyl und der
Beraterin der Diakonie Rastatt/Baden-Baden. Diese bevorzugt - aus ihrer Sicht als Sozialpädagogin - einen sensiblen Umgang mit den Asylbewerbern, um
auf etwaige Traumata Rücksicht zu nehmen. Herfs hingegen hält
diesen Ansatz für nicht hilfreich, denn spätestens im
Asylverfahren bei den Anhörungen müsse ein Asylbewerber offen über
seinen Fluchtweg, aber auch über seine Fluchtgründe sprechen, bis
hin zu Details, ob und wie er gefoltert wurde. Bei den Anhörungen im
Amt oder vor Gericht nehme niemand Rücksicht auf traumatische
Erfahrungen und deren Folgen. „Wer von sich aus nichts erzählt,
der wird mit seinem Antrag auf Asyl nicht durchkommen“, das ist
auch die langjährige Erfahrung von Sibylle Loeben und Christian Kühnel. Insofern halten sie es für mehr als sinnvoll, dass
Ehrenamtliche beim 14tägigen Café Kontakt mit den Asylbewerbern
nicht nur Kaffee trinken und Kuchen essen, sondern auch deren Lebens-
und Fluchtgeschichten erfragen und aufschreiben. Dies falle
einem Flüchtling von einem vertrauten Menschen gewiss leichter als
später in einer angespannten Gerichtssituation vor einem völlig
Fremden.
Eine
der Ehrenamtlichen berichtete, die meisten Asylbewerber würden ihre
Geschichte sowieso gern erzählen: “Sie sind regelrecht froh und erleichtert, wenn ihnen jemand
zuhört“. Unsicher sei man aber seitens der Ehrenamtlichen, wie
weit die Befragung gehen soll.
Ludwig
Herfs sah das pragmatisch: „Wenn jemand von seinen Erinnerungen
übermannt wird und weint, dann nehmen Sie in den Arm. Das hilft
ihm.“ Als problematisch wird allerdings eingeschätzt, dass es für
schwere Fälle, also für Menschen, die die Ereignisse psychisch
nicht verarbeiten können und sehr darunter leiden, und die daher professionelle Hilfe brauchen, im Augenblick
wenig bis gar keine psychologische Hilfe gibt. Die bisherige
Anlaufstelle in Karlsruhe jedenfalls sei überlastet und nehme keine
zusätzlichen Fälle aus Baden-Baden mehr auf.
Sorge
bereitet dem Arbeitskreis Asyl auch die im Augenblick unbefriedigend
laufende Arbeitsvermittlung der Asylbewerber, denen zur Zeit noch
nicht einmal Schnupperpraktika genehmigt würden. Diese seien aber –
gerade auch im Hinblick auf die noch mangelhaften Deutschkenntnisse -
als Vorstufe und Vorbereitung für eine Ausbildung oder einen
Aushilfsjob notwendig. Hier wünscht man sich mehr Entgegenkommen
seitens der Behörden. Gerade im Bereich der Pflegeberufe bestehe
jetzt und künftig ein großer Bedarf an Arbeitskräften.
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