Menschen in Baden-Baden, heute:
Hanna Panther
Nichts geht zurzeit ohne sie in der ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe in Baden-Baden: Hanna Panther, Integrationsbeauftragte der Stadt Baden-Baden seit März 2014. Diese Frau ist für viele hilfsbereite Neueinsteiger und alte Hasen erste Anlaufstelle, Schaltstelle, Mittlerin, Ratgeberin, Zuhörerin, Schlichterin, Verteilerin, Wegweiserin... Aber nicht nur das. Sie leitet den "Runden Tisch", an dem alle professionellen Fäden der Flüchtlingsarbeit zusammenlaufen, die Verteilung vielfältiger Spenden geht über ihren Tisch, sie organisiert Informationsveranstaltungen für die Bürger, Fortbildungen für Ehrenamtliche und bald auch für die neuen Paten, sie vermittelt Kurse, schreibt Berichte für die Gemeinderatsgremien und erledigt alle anfallende Korrespondenz... Zu dem, weshalb sie letztes Jahr eigentlich auf diese Stelle gelangt ist, kommt sie zu ihrem Leidwesen im Augenblick gar nicht mehr: Zur Integrationsarbeit für die bereits seit längerer Zeit in Baden-Baden lebenden Migranten, ihr Steckenpferd.
Das ging Ihnen jetzt zu schnell? Dann kennen Sie Frau Panther nicht. Hochmotiviert sprudelt das alles aus ihr heraus, man kommt kaum beim Schreiben mit
Wir sitzen in ihrem Büro im Gewerbepark Cité 1. Ein modernes Gebäude, intelligent gefüllt, wie Hanna Panther erzählt: Hier sind Agentur für Arbeit, Jobcenter und Sozialamt unter einem Dach, also ein Behördengebäude der kurzen (und sehr freundlichen) Wege.
Ebenso sitzen hier alle Abteilungen, die für das große Thema Asyl in Baden-Baden zuständig sind, im ersten Stock eng beieinander.
Das erleichtert auch Hanna Panther die Arbeit. "Wir nehmen jeden, der eine Anfrage hat, an der Hand und begleiten ihn zum richtigen Ansprechpartner", umreißt sie die Philosophie der Baden-Badener Stadtverwaltung. Wenn sie morgens den Computer hochfährt, warten in der Regel schon zehn, 15 Mails auf rasche und kompetente Beantwortung, und dann beginnt auch schon das Telefon zu klingeln. "Arbeitsaufträge" nennt sie die Anfragen, denn es liegt ihr viel daran, den Menschen Dinge zu erklären. Zum Beispiel, dass die Stadt keine Sachspenden annimmt, sondern dies Rotem Kreuz und Diakonie überlässt, die dafür die besseren Räumlichkeiten und das Personal haben. Zum Beispiel, dass die Stadtverwaltung nicht für die Bearbeitung von Asylverfahren zuständig ist. "Die Leute, die sich bei mir melden, interessieren sich für das Thema, da ist es mir wichtig, dass sie die richtige Information bekommen und nicht einfach nur abgewiesen werden."
Konsens erreichen
Viel Arbeit macht natürlich auch die Koordinierung der Ehrenamtlichen, oder auch Anrufe besorgter Flüchtlingshelfer. "Wenn mir jemand mitteilt, dass die Wohnung eines Asylbewerbers nicht in Ordnung ist, dann informiere ich mich genauer darüber." Mit anderen Worten: Unermüdlich versucht sie, einen Spagat hinzubekommen: "Ich möchte als Schnittstelle einen Konsens zwischen den Ehrenamtlichen und den Behörden erreichen."
Ein hohes Ziel, das ihr nicht in die Wiege gelegt worden ist. Geboren in Freiburg, in einem katholischen Gymnasium in Sasbach zur Schule gegangen, wollte die heute 34jährige anfangs eigentlich in die Forschung gehen: Germanistik, Musikwissenschaften und Theologie studierte sie - im Magisterstudiengang, nicht fürs Lehramt. Sie sah sich schon dabei, alte Handschriften aus dem 19. Jahrhundert zu entziffern und interpretieren, als das reale Leben ihre brotlosen Pläne durchkreuzte: Plötzlich hieß es "Alles oder nichts, selbst Taxifahren stand im Raum."
Es hat "klick" gemacht
Es kam zum Glück anders: Hanna Panther fand in Berlin eine Beschäftigung in einer kleinen gemeinnützigen Organisation, die Stiftungen beriet, diesem Praktikum folgte eine Anstellung in der Jugendstiftung Baden-Württemberg, die Jugendprojekte mit interkulturellem Mittelpunkt förderte. Auf diese Weise bekam sie Kontakt zu vielen Migrantenverbänden, "und es hat Klick gemacht. Ich hatte mein Thema gefunden."
Das war 2009 gewesen. Tolle Leute habe sie damals durch ihre Tätigkeit kennengelernt, erinnert sie sich, spannende Lebensgeschichten habe sie gehört und einen interessanten Blick quasi von außen auch auf die deutsche Geschichte werfen können. Eine faszinierende Lebensphase, in der sie "als deutsche Kartoffel" zwischen zwei Stühlen sitzend zwischen den verschiedenen Kulturen hin- und hergleiten konnte. Die Migranten imponierten ihr. "Die waren engagiert und wollten ihren Beitrag leisten."
Doch dann wollte sie das Thema gern auch einmal von kommunaler Ebene beleuchten. So kam sie 2011 ins Bildungsbüro der Stadtverwaltung Baden-Baden. Von Anfang an sei die Migration ihr Schwerpunkt gewesen, die Begleitung von Elternmentorinnen als Brückenbauer und Multiplikatoren sei ihre Aufgabe gewesen. Sie träumte davon, den Migranten eine gut hörbare und verankerte Stimme zu geben, die auch von der Verwaltung angefragt werde. Migranten besser mitnehmen - das lag ihr am Herzen, und sie bedauert, dass Migranten heutzutage immer noch viel zu wenig in den politischen Parteien verankert sind.
Schleichend pirschte sich das nächste Aufgabenfeld heran. Ende 2013, Anfang 2014, kam der Vorschlag auf, die Hilfsangebote an Asylbewerber mittels eines "runden Tisches" besser zu koordinieren. Erste Sprachkurse, damals für Schutzsuchende aus Kamerun, die in der Briegelackerstraße untergebracht waren, wurden angeboten, viele Asylbewerber tauchten in den christlichen Gottesdiensten auf. Mehr Ehrenamtliche wurden gesucht, parallel zu den allmählich wachsenden Zahlen der Asylbewerber, die nun auch Baden-Baden zugewiesen wurden.
Viel Arbeit
Wie schnell und wie hoch die Welle anwachsen würde, war damals noch nicht abzusehen. Die Asylarbeit war also erst einmal nur ein Randthema für Hanna Panther, die nach der Elternzeit auf die neue Stelle der Integrationsbeauftragten rückte. Diese Tätigkeit war eigentlich maßgeschneidert für sie, voller Eifer begann sie mit einem Kreis von Migranten die interkulturellen Wochen zu planen, zeitgleich wurde ein großes Einweihungsfest der neuen Asylbewerberunterkunft in der Westlichen Industriestraße geplant. Viel Arbeit, also. Und als diese beiden Großveranstaltungen vorbei waren, war eigentlich etwas "Durchschnaufen" angesagt, aber dazu kam es nicht, denn da hatte bereits das Asylthema ziemlich plötzlich "eine irre Fahrt aufgenommen".
Sonderaktionen, Spendenaktionen, Koordination der zahlreichen Freiwilligen, die sich vermehrt bei ihr meldeten, um zu erfahren, wie sich einbringen könnten - an manchen Tagen ist das Maß nun manchmal voll, und sie wisse manchmal abends gar nicht mehr, wo ihr der Kopf stehe. Die Vormittage jedenfalls verfliegen nur so. Manchmal sage auch schon mal eine Mitarbeiterin zu ihr: "Meine Güte, das hört ja gar nicht mehr auf."
Hanna Panther nimmt es gelassen. Sie hat eine so genannte 70-Prozent-Stelle, arbeitet also vormittags lange, von 9 bis 13.30 Uhr, und hat dann noch Luft für die vielen abendlichen Termine. "Ich bin relativ flexibel", sagt sie. Es ist ihr anzumerken, dass sie mit ihrem Job und den Arbeitszeiten höchst zufrieden ist. In Überstunden ertrinke sie nicht, das sei im öffentlichen Dienst auch nicht vorgesehen, schmunzelt sie bei meiner Frage. Es sei ihr zugesichert, dass sie eventuell anfallende Mehrarbeit abfeiern kann, darüber hinaus gehe sie nicht, da sei ihr dann doch die Familie, besonders ihre zweijährige Tochter, wichtiger.
Manches bleibt auf der Strecke
Es tut ihr allerdings weh, dass manche Herzensangelegenheit im Augenblick aufgrund der Überlastung auf der Strecke bleiben muss: Die Arbeit mit den Migranten musste zurückgefahren werden, die tausend Ideen aus der Ideenwerkstatt kann sie momentan nicht vorantreiben. Aber all das ist ja nicht verloren.
Hat sie einen Wunsch?
Ja, tatsächlich: "Manchmal wünschte ich mir, dass die Leute, die mich mit Asylfragen kontaktieren, weniger aggressiv wären." Manchmal kämen Vorwürfe an die Verwaltung in Unkenntnis, was alles geleistet wird, "und dann müssen wir uns rechtfertigen". Das betreffe zwar eine kleine Minderheit, die mache aber überproportional viel Arbeit, weil oft Dinge einfach nur aus Unkenntnis falsch eingeordnet würden.
Was macht ihr Spaß?
Keine Frage: Die Arbeit mit den Ehrenamtlichen. Viele von ihnen brächten internationale Erfahrungen mit. "Und manche von ihnen könnten ja meine Eltern sein", lacht sie. "Ich hätte nicht gedacht, dass mir das so viel Spaß machen könnte. Ich arbeite wirklich gerne mit ihnen zusammen."
Ihr Fazit?
Hanna Panther strahlt. Sie empfindet ihre aktuelle berufliche Situation als absoluten Luxus: Als Mutter einer zweijährigen Tochter solch eine schöne, anspruchsvolle, anregende und erfüllende Arbeit zu haben, "das ist wirklich ein großes Geschenk", sagt sie, "ein echter Glücksgriff."
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