Sonntag, 21. Dezember 2014

Wick-Ruhs (2)



Menschen in Baden-Baden

Helfer in der Not (2)


"Zum Glück haben wir einen Beruf, in dem wir uns die Zeit einteilen können", sagen Petra Wick-Ruhs und ihre Mann Diethard Ruhs bescheiden über ihr vielfältiges soziales Engagement für die Ärmsten der Stadt. "Loben Sie uns bitte nicht zu sehr, wir machen das alles doch gerne."

(Lesen Sie dazu auch meinen Blogeintrag von letztem Sonntag =>  KLICK  ) 

Nicht zu viel loben?

Ach, so einfach geht es nicht. Ich kann doch nicht mitten drin aufhören!





Soll ich etwa nicht von dem Familienvater erzählen, den die Polizei am Heiligen Abend wegen eines unbezahlten Strafzettels vor den Augen seiner drei kleinen Kinder verhaftete? Keine Frage, dass das Ehepaar Wick-Ruhs alles stehen und liegen ließ und nicht eher ruhte, bis der Mann doch noch am Abend nach Hause entlassen wurde.

Oder soll ich die Geschichte der älteren Dame verschweigen, die die beiden aus dem Tafelladen kannten und von der sie erfuhren, dass ihre Wohnung verkauft wurde und sie sich eine neue Bleibe suchen musste, sich dies aber nicht leisten konnte? Zweihundert Euro im Monat - mehr war nicht möglich. Da sind selbst ausgefuchste Immobilienhändler am Ende ihrer Weisheit.

Weil sie aber ihre Ohren überall haben, fiel ihnen eine zweite Dame ein, die in einer ähnlichen Zwickmühle steckte. Diethard Ruhs machte flugs Nägel mit Köpfen, lud die beiden, ohne ihnen den wahren Grund zu verraten, zu einem Treffen in ein Lokal ein, und erst als die beiden sich eine Stunde lang rege ausgetauscht hatten, unterbreitete er ihnen den Vorschlag zusammenzuziehen. Eine Wohnung für 420 Euro hatte er auch schon an der Hand. Die beiden Damen sahen sich verblüfft an, besichtigten die Wohnung und griffen dankbar zu. Inzwischen hat das Ehepaar Wick-Ruhs sie mit weiteren Überraschungen wie Schränken, Herd und Gefriertruhe versorgt - und dieses Weihnachten gibt es über einen Sponsor noch eine kleine Mikrowelle oben drauf.

Oder soll ich unter den Tisch fallen lassen, dass das Ehepaar zusätzlich zu allem gerade zu Weihnachten auch direkt um Bedürftige kümmert und ihnen Dingen organisiert, die sie dringend brauchen oder sich wünschen? Warme Schuhe, eine Winterjacke oder ein Kinderbett, manchmal reicht die Palette bis hin zur Waschmaschine. Die beiden erfahren über die Caritas von Menschen, bei denen die Not besonders groß ist, und sie sprechen Mitmenschen an, die bereit wären, eine Patenschaft für diese Notfälle zu übernehmen. Diese Paten besorgen, was benötigt wird, manche überbringen ihre Gaben  kurz vor Weihnachten selbst, für die anderen macht sich das Ehepaar Ruhs höchstpersönlich auf den Weg. Oft sind sie auch am Heiligen Abend noch unterwegs, um ihre Gaben zu überbringen.

Und wenn sie, wie vor zwei, drei Jahren, von der Not der Obdachlosen erfahren, dann  besorgen sie zu Weihnachten kurzerhand zusätzlich noch für 40 Personen Pflegeutensilien, die diese sich gewünscht hatten. "Schreiben Sie aber auch, dass die DM-Drogerie uns dabei ganz toll unterstützt hat", drängen die beiden mich, weil es ihnen langsam zuviel wird.

"Eigentlich bitten wir immer, uns nicht zu erwähnen", sagen sie. Denn es komme doch so viel für sie zurück. "Wir freuen uns, wenn sich andere von Herzen freuen!" Dankesanrufe, Briefe, Fotos und selbstgemalte Bilder - das ist es, was ihr Herz erwärmt und sie antreibt, unermüdlich weiterzumachen.

"Uns geht es doch so gut", sagen sie zum Abschluss noch leise, "davon möchten wir einfach nur ein bisschen abgeben."

So ganz fertig sind sie mit ihrer Palette der Hilfsbereitschaft offenbar noch nicht, wenn ich den Zeitungsausschnitt richtig interpretiere, den Petra Wick-Ruhs während des Interviews gedankenverloren in den Händen dreht und wendet. Es ist ein Bericht über ein neues Netzwerk in der Stadt, das noch ehrenamtliche Helfer für junge Mütter und ihre Babys sucht.

Und morgen, Montag, wird sie mit einigen ehrenamtlichen Mitstreitern in der "Markthalle" des Kaufhauses Wagener stehen und die Kunden bitten, zusätzlich zu ihren Einkäufen für die eigene weihnachtliche Festtafel auch an die Ärmsten der Armen zu denken und ein paar zusätzliche Lebensmittel in den Einkaufskorb zu legen. Nudeln, Kaffee, Waschmittel, Schokolade...


Meine Reportage über Lorenz Hettel und den Tafelladen finden Sie hier  => KLICK

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