Donnerstag, 26. Juni 2014

Gemeinschaftsschule (2)

Gemeinschaftsschule vor dem Aus?



Mit einer sehr deutlichen Mehrheit hat sich der Schulausschuss gestern Abend gegen die Einführung einer Gemeinschaftsschule in Baden-Baden ausgesprochen. Es gab nicht etwa einen Antrag, die Beschlussfassung zu vertagen, wie Bürgermeister Michael Geggus es zweimal nachfragte, sondern eine klare Ablehnung.

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CDU, Freie Wähler und FDP begründeten ihre Ablehnung damit, dass sie mehr Zeit haben wollten und beriefen sich dabei auf den Gesamtelternbeirat, der sich trotz mannigfaltiger Informationsangebote in der Stadt in den vergangenen Monaten außer Stande gesehen hatte, diese wahrzunehmen. Auch eine Veranstaltung, auf der der Leiter der Gemeinschaftsschule in Durmersheim Rede und Antwort zum neuen Schulkonzept stand, hatte der Elternbeirat ignoriert, weil die Grünen diese organisiert hatten und man eine parteipolitische Veranstaltung dahinter vermutete, wie eine Sprecherin des Elternbeirates gestern betonte.

Hier die Einwände des Gesamtelternbeirats:




Für die FDP bat Michael Bauer daher sogar darum, eine Bürgerbefragung zu dem Thema in die Wege zu leiten. Die SPD hingegen hätte der Einführung einer Gemeinschaftsschule schon allein zur Sicherung der Stadt als Schulstandort gerne zugestimmt. Für die Grünen kämpfte Astrid Sperling-Theiss auf verlorenem Posten für die Einführung dieser neuen Schulart, die gerade Migrantenkindern mehr Chancen durch individuelles Lernen vermittelt hätte und bei Lehrern, Schülern und Eltern für entspannte Atmosphäre gesorgt hätte, weil es keinen Lerndruck mehr gegeben hätte. In Skandinavien sei diese Schulform seit vielen Jahren höchst erfolgreich, argumentierte sie - vergebens.

Jetzt hat am Montag in einer Mammutsitzung der alte Gemeinderat in seiner letzten Sitzung das Wort. Es ist allerdings zu vermuten, dass die Abstimmung ähnlich ablaufen wird.

Schulbürgermeister Michael Geggus hatte zuvor ein leidenschaftliches Plädoyer für seine Beschlussvorlage gehalten. Man müsse in der Stadt für alle Eltern und deren Kinder ein adäquates Angebot vorhalten, sagte er. Es gebe über 8500 Schüler in Baden-Baden, die Entscheidung zur Gemeinschaftsschule beträfe zehn Prozent von ihnen. 60 Prozent wählten ohnehin das Gymnasium, 30 Prozent die Realschule. Für die jetzige Schulform der Werkrealschule, früher Hauptschule, hätten sich für das Schuljahr 2014/15 nur 48 Schüler angemeldet. Sechs Schüler habe man bereits an die neue Gemeinschaftschule in Bühl verloren. "Der Verlust tut uns sehr weh", sagte er, und sah unbehaglich aufs nächste Jahr, in dem in Rastatt und Gernsbach weitere Gemeinschaftsschulen eröffnet würden. Er konnte nicht nachvollziehen, dass sich der Gesamtelternbeirat nicht informiert fühlte. Alles sei stets in öffentlichen Sitzungen besprochen worden, das Thema sei auch seit 2012 in den betreffenden Schulen behandelt worden.

Meine Meinung: So ganz kann ich die Nicht-Informiertheit des Elternbeirates nicht nachvollziehen. Auch gestern in der Sitzung wurde nochmals ausführlich über die neue Schulform aufgeklärt - vor gerade mal einer Handvoll Interessierter. Die Vertreter des Gesamtelternbeirates, die anwesend waren, beharrten auch danach darauf, dass ihre Fragen nicht beantwortet worden waren. Ungeachtet dieses Verhaltens ist die Niederlage der Verwaltung aber typisch für Baden-Baden: Erst wird im Gemeinderat abgestimmt, und erst danach soll die Bevölkerung informiert werden. Dass sich die Bürger unmündig und bevormundet fühlen, liegt auf der Hand. Vielleicht wird sich für die Zukunft etwas an der Reihenfolge ändern. Man hätte jedenfalls Zeit genug gehabt, im Vorfeld dieser Abstimmung eine Informationsveranstaltung anzubieten. Immerhin war das Thema schon einmal vertagt worden - auf Wunsch der Stadträte auf die Zeit NACH dem Wahlkampf! Gleichwohl finde ich, dass man den Beschluss ruhig als Aufgabe für den neuen Gemeinderat noch einmal weiter vertagen könnte und nicht - aus welchen Gründen auch immer - der Gemeinschaftsschule mit ihrem lobenswerten Konzept jetzt in der letztenSitzung in alter (komfortabler) Zusammensetzung solch eine Abfuhr zu erteilen.