Donnerstag, 24. November 2016

Alltagswahn - Schnitzelweckle





Schnitzelweckle - ganz einfach

eine weitere Fortsetzung der beliebten Alltagswahn-Geschichten

von Michael Beck 


Folgender Dialog neulich an der Heißtheke der lokalen Metzgerei:
Kunde, Mitte Vierzig, fein gekleidet (K): „Ich hätte gerne ein Brötchen.“

Verkäuferin, sehr freundlich und gut gelaunt (V): „Gerne. Was soll denn drauf aufs Weckle? Schnitzel, Fleischkäs, Spießbraten oder ein schöner Wacholderschinken?“

K: „Ja.“

V:“Bitte?“

K: „Ja, weiß nicht.“

V: „Spießbraten ist unsere Spezialität, schauen Sie, der ist auch schön gefüllt!“ 

K: „Hmm. Vielleicht. Sieht komisch aus. Da sind Kräuter drin, oder?“
V: Nickt.
Der Fleischer an der Fleischtheke runzelt die Stirn und schickt einen stechenden Blick quer durch den Laden.

K: „Schnitzel. Ich möchte ein Schnitzelbrötchen bitte. Sind die alle paniert?“

V: „Ja, aber wenn sie wollen, brate ich Ihnen schnell eins á la nature aus.“

K: „Was ist das, natür?!?“

Der Fleischer vergisst seine Kundin vor ihm und wetzt gedankenverloren sein Messer. Er starrt.

V: „Unpaniert. Natur eben.“

K: „Naturfleisch ist roh. Sie meinen ohne Panade gebraten.“

V: „Genau, sagte ich ja.“

K: „Hmm. Ich nehme ein Brötchen mit paniertem Schnitzel bitte.“

V: „Sehr gern!“ 
Alle Angestellten und Kunden rufen innerlich Halleluja. 
Da begeht V einen Fehler.

V: „Soll etwas drauf auf´s Schnitzel? Frische Röstzwiebeln, Senf, Ketchup, ein wenig Sauce?“

K: „Schmeckt das?“

V: „Was?“

K: „Zwiebeln mit Senf, Ketchup und Sauce.“

V: „Wer´s mag – das ist Geschmackssache. Muss ja auch nicht alles zusammen drauf, oder?“
K: „Wenn Sie Sauce auf das Schnitzel geben, läuft doch alles herunter. Das ist sehr unangenehm.“
V: „Ich mache das ja nicht mit der Kelle, sondern dem Pinsel. Wegen des Geschmacks.“
K: „Was für Geschmacksrichtungen haben Sie denn?“
V: „Zigeuner…äh Paprikasauce, Jägersauce mit Pilzen oder Bratensauce.“
K: „Pilze? Um Gottes Willen. Ich glaube, ich möchte nichts drauf.“
V: „Glauben oder wissen Sie das?“
K: „Wieso fragen Sie?“
Der Metzger atmet wie ein Maikäfer kurz vor dem Abheben.
V: „Ich sollte es genau wissen. Sie wollen Ihr Schnitzelweckle ohne Zwiebeln, Senf, Ketchup oder Sauce, ja?“
K: Sinniert. Rafft sich auf und sagt entschlossen: „Ja!“

V präpariert das Schnitzelweckle und fragt (alle im Laden verziehen schon das Gesicht): „So bitte, zum Mitnehmen oder hier Essen?“

K grübelt. 
Der Herr hinter ihm fängt an verzweifelt zu lachen.

K ist irritiert, entscheidet sich für´s Mitnehmen, beäugt das Schnitzel und meint: „Das ist aber groß.“

V hat gelernt und schweigt freundlich. Dann sagt sie: „Zwei Euro vierzig bitte!“

K ist noch mehr irritiert und meint „Das ist aber günstig! Das gibt es bei uns nicht für so wenig Geld.“
Der Metzger schaut an die Decke. Die zwischenzeitlich dramatisch angewachsene Kundschaft scharrt nervös mit den Füßen, Mittagspausen sind kurz.
V: „Bei uns isch des normal.“
K: „Bei uns nicht.“

Der Herr hinter ihm platzt förmlich und ruft „Mensch Kerle zahl unn verschwind bevor ich mich vergess! So äh Gschiss weganem Schnitzelwegg – ich glaub, ich schbinn!!!!“
K zuckt nervös mit der Backe legt zwei Euro fünfzig auf den Tresen und flitzt zur Tür hinaus, der Metzger wendet sich erleichtert seiner Kundin zu.