Machte der frühe Tod
van Gogh zum Superstar?
Irgendwie
traut man dem ernsten, hoch intellektuellen Kunstbetrieb keinen
Schabernack zu. Und dennoch – die staatliche Kunsthalle in
Baden-Baden verknüpft, seitdem Johan Holten die Leitung übernommen
hat, seit vier Jahren auf vergnügliche Weise Bildungsauftrag mit
Spaß miteinander. Auch in der aktuellen Ausstellung liegt beides nah
beieinander: „Nach dem frühen Tod“ heißt die große
Frühjahrsausstellung, die sich, wie der Name schon sagt, Künstlern
widmet, die vor ihrem 50. Lebensjahr starben und nach ihrem Tod so
berühmt wurden, dass der Preis für ihre Werke auf Auktionen in
unermessliche Höhen schoss – oder auch nicht.
Ein
Trinkbecher mit dem Konterfei Vincent van Goghs muss als
Erkennungszeichen herhalten. Es ist aber kein einfacher Trinkbecher,
nein, gießt man heiße Flüssigkeit hinein, verschwindet das
aufgemalte Ohr des großen Künstlers. Auch eine Stoffpuppe mit
abnehmbarem Ohr darf in der Vitrine voller Kitsch-Artikel nicht
fehlen. Daneben hängt natürlich ein Original Van Gogh – von
unschätzbarem Wert – obwohl der Maler selbst einst verarmt starb.
„Damals kannte ihn kein Mensch“, sagte der Direktor des
Van-Gogh-Museums in Amsterdam, Axel Rüger, anlässlich des
125jährigen Todestages des Künstler, „heute aber ist er ein
Superstar“.
Warum
ist das so? Warum wird ein Künstler nach seinem Tod berühmt, was ja
immer gleichbedeutend mit wertvoll steht? Warum ist das meist bei
männlichen Künstlern so, während es um die Frauen in der Kunst
eher still bleibt? Wie setzen sich die Preise in der Kunstwelt
überhaupt zusammen? Wie kommt es, dass trotz Wirtschafts- und
Eurokrise die Auktionspreise auf dem Kunstmarkt explodieren? Aber
auch – was ist die Rolle der staatlichen Kunsthalle im 21.
Jahrhundert? Soll sie den Geschmack einiger weniger präsentieren
oder sich regional einkoppeln?
Fragen,
die sich nicht nur der Leiter der Staatlichen Kunsthalle stellt,
sondern auch sein ganzes Team. Einer von ihnen, Hendrik Bündge (links), hat
die laufende Ausstellung „Nach dem frühen Tod“ zusammen mit
seinem Chef kuratiert und hat sich mir für ein kleines privates
Portrait - ohne Pinsel und Leinwand - zur Verfügung gestellt und mich ein wenig hinter die Kulissen blicken lassen.
Es
ist dies die erste Ausstellung, die der 32jährige Bündge
organisiert hat. Das Thema spukte schon eine Weile in seinem Kopf,
denn 2011 untersuchte er im Rahmen seiner Magisterarbeit die
unterschiedlichen Preise auf dem Kunstmarkt und stieß auf die jung
verstorbenen Künstler, an denen sich gut veranschaulichen ließ,
wann und wie es zu einer Gewinnsteigerung ihrer Werke kam.
Eigentlich, so verrät er, sollten die früh verstorbenen Künstler
bereits 2012 in der staatlichen Kunsthalle gezeigt werden, aber da
man unbedingt einen Van Gogh dabeihaben wollte, verzögerte sich
alles.
Gerade van Gogh erwies sich dann auch als wichtigster Künstler der
Ausstellung, aber eben auch als derjenige, der am schwersten
verfügbar war. 30 Van-Gogh-Ausstellungen gab es in dieser Zeit, alle
großen Museen ehren den „Mann mit dem roten Bart“ gerade in
diesem Jahr 2015 anlässlich seines 125. Todestages. Schließlich
half nur noch eine Charme-Offensive, das Unmögliche vielleicht doch
noch möglich zu machen: Mit einem dicken Blumenstrauß aus Rosen und
Sonnenblumen bewaffnet sprach man in der Kunsthalle Mannheim vor und
konnte das Herz der Leiterin Dr. Ulrike Lorenz gewinnen: Und so kann
das Van-Gogh-Bild – natürlich mit Rosen und Sonnenblumen – nun
als Highlight in der Ausstellung bewundert werden. Und gleich daneben
ist in einer Vitrine all der absurde Van-Gogh-Kitsch
zusammengetragen, der in den Museums-Shops der Welt verkauft werden.
Nachbarschaftshilfe
kam Bündge zugute, als er sich auf die Suche nach den Künstlern
August Macke (Märchenerzähler, Bild unten) und Marc begab, die während des Ersten Weltkriegs fielen.
Eventuelle Leihgaben sind zwar gerade in einer großen
Wanderausstellung in Bonn und München gebunden, aber hier konnte das
Museum Frieder Burda aus seinem reichhaltigen Fundus aushelfen.
Große
Schwierigkeiten bereitete es allerdings, ein Werk von Basquiat in die
Ausstellung zu holen. Es gab zwar einen privaten Leihgeber in Zürich,
aber allein die Versicherung hätte mehr als 12 000 Euro gekostet,
zuzüglich aufwändigem Transport in einer extra zu bauenden
Klima-Kiste. Und dieser Aufwand nur für einen Siebdruck! Nun, wie es
manchmal im Leben so geht, es fügte sich alles zum Besseren: Nun hat
man aus der Kunsthalle Weishaupt in Ulm sogar eine Original-Malerei
zur Verfügung gestellt bekommen.
Und
auch hier hat man „typische Basquiat-Requisiten“ daneben
gestellt, einen Rucksack und Turnschuhe, passend zur Zeit des
Künstlers...
*
Hier
unterbreche ich meinen Beitrag für heute. Es sind drei Teile
geplant, wobei ich nicht ganz sicher bin, ob Teil zwei, der für
morgen vorgesehen ist, so funktionieren wird, wie ich es mir vorstelle. Das entscheidet sich erst
heute Nachmittag. Lassen Sie sich überraschen.
Am Sonntag werde ich Ihnen - neben
der Kunst, mit der ich ja noch lange nicht fertig bin! - den Kurator
der Ausstellung, Hendrik Bündge, in meiner Sonntags-Reihe
„Menschen in Baden-Baden“ vorstellen. Freuen Sie sich auf eine private
Begegnung mit ihm!
Die Ausstellung geht bis 21. Juni. Öffnungszeiten, Eintrittspreise => KLICK
Die Ausstellung geht bis 21. Juni. Öffnungszeiten, Eintrittspreise => KLICK
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