Montag, 27. Oktober 2014

Inka Bach


Menschen in Baden-Baden, heute:

Inka Bach

oder: eine Baldreit-Stipendiatin sorgt für Wirbel





Als Inka Bach als Baldreit-Stipendiatin in der Stadt weilte, haben wir uns verpasst, aber - Internet sei dank - verliert man sich nicht aus den Augen, wenn man eine gemeinsame Leidenschaft hat. Heute Vormittag habe ich die Schriftstellerin - wie könnte es anders sein - im Café König getroffen. Ohne große Begrüßungsfloskeln oder etwaiges Fremdeln schwelgen wir sofort in unserer gemeinsamen Leidenschaft, der Liebe zu Baden-Baden.

"Die Allee ist ein Traum, die leicht pariserische Atmosphäre oben auf dem Marktplatz mein Zuhause", schwärmt die Berlinerin, die auf einer Lesereise durch den Südwesten in ihrer (unserer) Lieblingsstadt Station macht.

Wer mehr über die Berliner Autorin erfahren möchte, hier der Link zu Wikipedia: => KLICK

Aber Inka Bach ist kein Typ für eitel Freud' und Sonnenschein. Sie macht aus ihrem Herzen keine Mördergrube und hat rückblickend doch auch etwas zu bemängeln, wie ich heute schon im Badischen Tagblatt gelesen habe:




Sie steht dazu: Baden-Baden ist eine der teuersten Städte in Deutschland, aber das Stipendium ist mit rundgerechnet 700 Euro pro Monat das niedrigste, das sie kennt, denn - und das hatte sie, als sie sich darauf bewarb, so deutlich nicht erkannt: Die Stipendiaten dürfen zwar mietfrei in der kleinen Künstlerwohnung im Baldreit wohnen, die zusätzlichen Nebenkosten aber müssen sie selber tragen.

Hier ein Auszug aus der Webseite der Stadt: 



"Ohne finanzielle Sorgen?" Inka Bach schüttelt den Kopf. Sie weist auf das Selbstverständnis der Autoren hin, ihren Ehrenkodex, nach dem man sich in der Regel an einer Stipendiumssumme von tausend Euro im Monat orientiert, nach unten verhandelbar bis allermindestens 800 Euro. Das aber sei wirklich die Schmerzgrenze des Akzeptablen. Alles, was darunter liege, zeuge nicht gerade von Wertschätzung für die Künstler, sagt sie.

Gerade in Baden-Baden ist das Pflaster, gemessen an Berlin, sehr teuer. "Man braucht zum Leben mehr Geld als in Berlin, bekommt aber weniger", lautet ihr Resümee, und sie gibt zu bedenken, dass daheim ja auch alle Kosten weiterlaufen.

Stipendiaten sollten eigentlich in ihrer Kreativität unterstützt werden, damit sie sich sorgenfei ihrer Berufung widmen können. Stattdessen würde vorausgesetzt, dass sie sich während ihres Aufenthalts in der Stadt nebenher noch etwas verdienten, sei es durch Lesungen oder durch eine Zusammenarbeit mit den Zeitungen oder dem SWR. Inka Bach verzieht kritisch den Mund, denn ganz so einfach ist das natürlich nicht. Die Stadt richtet zwar Antritts- und Abschlusslesung aus, zahlt dafür aber kein Honorar. Für ihre regelmäßigen, erfrischenden Kolumnen in der Zeitung bekam sie gerade mal 25 Euro. Aus diesem Grund  hat sie denn auch ihre Zeit in Baden-Baden in zwei Blöcke zu je drei Monaten gesplittet, um in der Zwischenzeit in Berlin ihrem Brotjob nachzugehen - sie unterrichtet Deutsch als Fremdsprache.




Inka Bach ist eine selbstbewusste, streitbare Frau, deshalb hat sie ausgesprochen, was viele andere Stipendiaten denken. Auch ich habe von Betroffenen schon hinter vorgehaltener Hand Kritik an der Höhe des Stipendiums gehört.

"Wenn ein Künstler mit dem Stipendium finanziell unter Druck ist, dann ist seine Bereitschaft, sich in der Stadt einzubringen, nicht sehr groß", vermutet Inka Bach. Zwar gebe es immer noch eine große Anzahl von Bewerbern, jedesmal seien es um die zweihundert, aber der Anteil an Autoren schwinde.

Sie wünscht sich daher eine angemessene Erhöhung des Stipendiums, aber auch ganz praktische Vergünstigungen, die den Stipendiaten zeigen, dass sie in der Stadt willkommen sind: Freie Busfahrten gehören ebenso dazu wie freier Eintritt zu den vielfältigen kulturellen Angeboten der Stadt. Wünsche, die sie natürlich längst auch an die Jury und an die Politiker weitergegeben hat.

Ein Blick zurück im Zorn ist es also nicht, eher ein gutes Zureden, damit sich die Situation ihrer Nachfolger verbessert. Sie selbst wird immer wieder und sehr gerne nach Baden-Baden kommen, verspricht sie, denn "in meiner Zeit hier sind mir zehn Wurzeln gewachsen." Und sie hat so unendlich viele Dinge noch nicht gesehen und gemacht: Die Rennbahn in Iffezheim wartet noch auf sie, eine Fahrt mit der Merkurbergbahn steht auf dem Programm, der Besuch in (m)einer Lieblingsweinstube, das rote Herbstlaub im Oktober, Weihnachtsstimmung im Dezember, und auch auf das quirlige Baden-Baden im August und September freut sie sich schon.

Und wer weiß, vielleicht wird sie schon nächstes oder übernächsten Jahr mit einem neuen Baldreit-Stipendiaten zusammensitzen und darüber philosophieren, dass Baden-Baden nicht nur lieb und teuer sondern mit neuen Stipendiumssätzen auch bezahlbar ist...

Einen Ort für dieses Treffen haben wir beide uns übrigens schon ausgemalt: Ein traumhaftes Lokal im Alten Dampfbad, betrieben von Renata, der derzeitigen Wirtin der kleinen Marktplatzkneipe (aus der sie Ende des Jahres ausziehen muss), bei der Inka Bach Stammgast war und die wiederum in Inka Bachs Kolumnen ein literarisches Denkmal erhalten hat:

(entnommen aus dem weiter unten aufgeführten Büchlein des Rendezvous-Verlags)





Inka Bachs Kolumnen über Baden-Baden "Kunst, Kaviar und Kamelien" sind im Rendezvous-Verlag erschienen => KLICK 




Ihren neuen Roman mit dem Arbeitstitel "Der vorletzte Mohikaner", in dem ein Kapitel in Baden-Baden spielt, wird sie voraussichtlich Ende des Jahres fertigstellen.

Inka Bachs Roman "Glücksmarie" => KLICK


Noch etwas zum Nachlesen:

Offizielle Verlautbarung der Stadt Baden-Baden zu Inka Bachs Antritt des Stipendiums: => KLICK

und zu ihrer Abschlusslesung: => KLICK

Ihr leider etwas menschenscheuer Nachfolger, der Künstler Frank Lippold, wird übrigens am kommenden Donnerstag um 18.30 Uhr im alten Ratssaal mit einem gemütlichen Abschlussabend verabschiedet => KLICK




Anschließend ist wieder ein Schriftsteller in die Räume am Marktplatz eingezogen: => KLICK


Nachtrag: Ende gut, alles gut


9. Februar 2015.

Mittlerweile läuft die Bewerbungsfrist für das Baldreit-Stipendium Sommer/Herbst 2015. Und siehe da: Nicht nur der Satz vom "sorgenfreien Leben", das dem Künstler ermöglicht werden soll, wurde aus der Ausschreibung entfernt. Auch, viel wichtiger, die Höhe der Zuwendung hat man aufgestockt: 760 Euro soll es nun also geben, plus 60 Euro Nebenkosten - ganz wie es Inka Bach angeregt hat. Schade nur, dass ihr in den sozialen Medien, besonders auf Facebook, für ihren vollkommen uneigennützigen Einsatz zugunsten aller nachfolgenden Stipendiaten massive Häme und wütende Aggressionen entgegen gebracht wurden. Das hat viel Porzellan zerschlagen, was nicht nur mich sehr erschreckt hat. Inka Bach kann sich jedenfalls für den Moment nicht vorstellen, noch einmal nach Baden-Baden zurückzukommen. Und sie bat mich auch, diesen Nachtrag möglichst nur hier auf meinem Blog, nicht aber auf Facebook, zu veröffentlichen. Ich beuge mich ihrem Wunsch - wenn auch widerwillig, denn ich hätte ihr gern offiziell mehr Genugtuung, Dank und Anerkennung auf breiter Front gegönnt.