Sonntag, 26. Oktober 2014

Dietlinde Ambos




Menschen in Baden-Baden, heute:

Dietlinde Ambos





Die "fine" - schon bei dem Namen läuft einem eigentlich das Wasser im Munde zusammen. Man denkt an Salami, Schinken, Nudeln, Spanferkel, Luxusschokolade, Wein, Champagner, feinsten Essig, fruchtiges Olivenöl, Nudeln, Suppen im Glas, Gewürze.... aaaah, ich kann gar nicht alles aufzählen, was es da zu bestaunen und zu kosten und kaufen gibt.

Aber es gibt auch die Abteilung für edelste Handwerksarbeit und Luxusgüter. Das Reich der Goldschmiede, Antiquitätenhändler, Möbelmacher, Tuchverarbeiter, Teppichknüpfer, Schmuckdesigner, Uhrmacher, Schuhmacher....

Ich bin in diesem Jahr kurz vor Eröffnung der Messe durchgeschlendert und am Stand von Dietlinde Ambos hängengeblieben. "Ach, Hüte also auch", dachte ich zuerst und fotografierte ein Exemplar.




... und noch einen Hut...


... und noch einen ...



... und noch einen ...



ach, und denn auch noch! ...




... ich kann gar nicht mehr aufhören ...





Alle Exemplare sind unterschiedlich, jeder Hut ist ein Unikat. Große, kleine, pfiffige, elegante, breite, mit Federn, Schleifen, Tüll, Samt und Seide...

Hinter dem Tisch eine sympathische Frau in den besten Jahren. Mir fällt ein, dass die Mutter einer Klassenkameradin als Hutmacherin gearbeitet hatte. Da habe ich als Zehnjährige oft nachtmittags  mit der Freundin in deren Werkstatt gesessen und zugesehen, wie die Modelle in Form gebracht wurden. Sofort ist alles wieder da, der Geruch nach feuchtem Filz, die Wärme, die Schlager von einst, die aus dem Radio dudelten. Ach ja, die Nostalgie...





Stellt man Hüte heute immer noch per Hand her?, frage ich die Ausstellerin.

Sie strahlt, als sie von meinen Erinnerungen erfährt. "Ganz genauso ist das noch. Deshalb mache ich das ja."

Und sie erzählt von der aufgelassenen Hutwerkstatt unten im Erdgeschosses des Hauses in Karlsruhe, in dem sie wohnte. Zehn Jahre sei der Laden nicht mehr genutzt worden, dann sollten die alten Werkzeuge und Modeln auf den Sperrmüll geworfen werden. "Das kann doch nicht sein. Das ist doch alte Handwerkskunst von 1890 bis 1980", dachte sich die resolute Frau und schaffte - nach Absprache - alles erst mal beiseite, in den eigenen Keller.

Dann überdachte sie ihr Leben. Nach dem Studium von Englisch und Biologie hatte sie vierzig Jahre an der Uni in Karlsruhe Lehrer in Sachen Kunst und Textilgestaltung ausgebildet, war immer künstlerisch tätig gewesen.

Dann war es soweit, sie ließ sich pensionieren und sattelte ins handwerkliche Neuland um. Das Büro des Ehemanns wurde brüderlich geteilt, ihre Hälfte zur Werkstatt umgewidmet, dann lernte sie das Handwerk der Hutmacherei von der Pike auf in der Schweiz und in Bad Kissingen. Sie lernte, die Materialien in Form zu ziehen, zu dämpfen, zu modeln, dann die Rohlinge einzufassen, zu nähen, zu verzieren...




Die Sommerhüte aus Stroh sind besonders schwierig, bei den Wintermützen hingegen wird ein bisschen "gemogelt": Die lässt sie von einer Frau in Irland an eigenen Entwürfen fertigen, regelmäßig reist Dielinde Ambos persönlich auf die grüne Insel und holt die Mützen ab.

Ihre Augen leuchten, wenn sie von ihrer Arbeit erzählt, die ihr nicht einen Tag zuviel wird. Eine wahre Leidenschaft. Man sieht und spürt es. Und diese Arbeit hält sie jung. Wie 60 sieht sie aus, dabei ist sich schon stolze 75 Jahre alt. Ich kann es nicht glauben.




Sie lacht und nimmt das Kompliment schnörkellos an.

"Sie könnten auch gut Hüte tragen", sagt sie am Ende des Gesprächs und mustert mich auffordernd.

"Aber ich bitte Sie", protestiere ich." Wer zieht denn heute noch Hüte auf. Und wann? Das geht ja gerade mal zur Rennwoche draußen in Iffezheim."

Dietlinde Ambos wird ernst. "Das ist mein Problem", gesteht sie leise. "Niemand trägt heute mehr Hüte. Es ist ein Zuschussgeschäft. - Aber ich liebe es."

Herausfordernd hält sie mir einen Hut hin. "Probieren Sie wenigstens."

Na gut...








Hier geht es zur Website von Dietlinde Ambos, genannt "Hutlinde" => KLICK