Mahnmal, Symbol und Grund zur Freude
Brücke wird nach Gerhard Durlacher benannt
Es ist ein sichtbares Zeichen gegen Antisemitismus, ein Mahnmal gegen den Holocaust, eine ehrenvolle Erinnerung an einen Mann, der die Grausamkeiten des Konzentrationslagers Auschwitz überlebte und ein Symbol, dass die millionenfachen Opfer der Gräuel des Dritten Reiches niemals vergessen werden: Am Montag, den 31. März 2025, wird die Stadt Baden-Baden um 16 Uhr die bislang „Wilhelmsbrücke“ genannte Überquerung der Oos nahe der Stadtbibliothek und der Trinkhalle dem Holocaust-Überlebenden, Schriftsteller und Soziologen Gerhard L. Durlacher widmen.
Gerhard L. Durlacher (1928–1996) wuchs in Baden-Baden auf und und erlebte hier als Kind die Anfänge des Dritten Reiches hautnah mit. 1937 flohen seine Eltern mit ihm nach Holland. 1942 wurde die Familie in das holländische Transitlager Westerbork deportiert und 1944 über Theresienstadt nach Auschwitz verschleppt. Gerhard Durlacher war einer der wenigen, die das Todeslager überlebten.
Nach der Befreiung kehrte er 17jährig allein nach Holland zurück, wo niemand auf ihn wartete. Er schloss zunächst ein Medizinstudium mit Promotion ab. Im anschließenden Soziologiestudium führten seine Veröffentlichungen rasch zu einem Lehrstuhl.
Über das in den Konzentrationslagern erlittene Leid schwieg er auch gegenüber seiner Familie 40 Jahre lang und verschloss es tief im Inneren. Erst mit fast 60 Jahren wurde es ihm möglich, darüber zu schreiben und das Erlebte mit schockierender Eindringlichkeit und bitterer Präzision in Worte zu fassen, die schmerzliche Einsamkeit des Überlebens in beeindruckender Weise zu vermitteln.
In seinem autobiografischen Buch „Ertrinken“ erzählt er von seiner Kindheit im nationalsozialistischen Baden-Baden. 2018 erschien es als Sonderedition und stand im Mittelpunkt der stadtweiten Aktion „Eine Stadt liest ein Buch.“ Hierzu gibt es eine eigene Webseite, auf der alle Aktionen nachgelesen werden können. =>
https://baden-baden-liest.blogspot.com/
Schon während der Aktion bat das Aktionsbündnis „Baden ist bunt“ eindringlich, man möge die Wilhelmsbrücke nach Durlacher benennen, doch die Bitte wurde abgelehnt.
Immerhin erinnert das Muße-Literaturmuseum der Stadtbibliothek mit einer eigenen Abteilung an Durlacher, der übrigens seit den 1990er Jahren wiederholt zu Lesungen nach Baden-Baden gekommen war, auch wenn ihn dies oftmals Überwindung kostete. Das berichtete kürzlich auch seine Tochter Jessica Durlacher, als sie eine von ihr zusammengestellte Auswahl seiner Schriften mit dem Titel „Die graublaue Strickjacke“ vorstellte.
Am 9. Dezember 2024 beschloss der Gemeinderat der Stadt Baden-Baden, den Wissenschaftler und Autor mit der Umbenennung der Wilhelmsbrücke in Gerhard-Durlacher-Brücke zu würdigen. Angeregt wurde dieser Schritt von der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) Baden-Baden, dem unermüdlich engagierten Arbeitskreis Stolpersteine Baden-Baden, der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) Baden-Baden, der Israelitischen Kultusgemeinde Baden-Baden K.d.ö.R und dem ehemaligen Bündnis "Baden-Baden ist bunt“.
Zum Festakt anlässlich der Brückenbenennung sind alle interessierten Bürger baden-Badens herzlich eingeladen. Auch werden Gerhard Durlachers Töchter und seine Ehefrau eigens aus Holland anreisen. Musikalisch begleitet wird die Feier von Dimitri Kotokov auf der Klarinette.
Im Anschluss sind alle Interessierte zu einem kleinen Umtrunk und Austausch in die Stadtbibliothek eingeladen. Die Besucher werden dort von Boris Komarnitsky auf der Geige, Emil Langbord auf der Bratsche und Tatjana Dichtiar auf dem Cello begrüßt mit dem Trio B-Dur von Schubert (einer der Lieblingskomponisten von Gerhard Durlacher) und dem Bariton Trio Nr. 96 von Joseph Haydn.