Sonntag, 26. Mai 2024

Diana Dochia - Anaid-Galerie


Diana Dochia geht neue Wege der Kunst

Pop-up-Ausstellungen im Alten Dampfbad



Sprechen wir über Kunst! Nicht über das Produzieren, sondern über das Sammeln und Ausstellen, Kaufen und Verkaufen. Geschäft auf der einen Seite, Leidenschaft auf der anderen. Herzklopfen, Energieschübe, wenn man als Kunstliebhaber ein Werk sieht, das einen in den Bann zieht und einem zuflüstert: „Kauf mich. Ich gehöre zu dir!“

Die Lust, etwas Schönes zu betrachten, die Begehrlichkeit, es zu besitzen, wird in der Regel genährt beim Gang ins Museum, in Ausstellungen, Galerien oder Kunstmessen.

Und nun - sprechen wir über Baden-Baden! Ja, es gibt Museen und Ausstellungen, gemessen an der Größe unserer Stadt sogar sehr viele, und hochkarätige noch dazu. Die Anzahl anspruchsvoller Galerien indes ist da schon überschaubarer.

Und genau das soll sich schon bald ändern, und zwar dank einer kompetenten und engagierten Neu-Bürgerin.

 


Darf ich vorstellen? Dr. Diana Dochia, Jahrgang 1980, geboren und aufgewachsen in Rumänien, Kunsthistorikerin, Galeristin, seit zwei Jahren in Baden-Baden wohnhaft. Schon bald wird sie in der Stadt von sich reden machen, denn sie hat ein schönes Projekt für uns vorbereitet, wird neue Wege beschreiten: „Pop-up-Ausstellung“ nennt sie das, was sie im Augenblick auf Hochtouren für Mitte Juni bis Ende August im Alten Dampfbad vorbereitet. Und nein, es wird nicht nur ein Event sein, sondern es sind gleich vier Einzelausstellungen renommierter Künstler und Künstlerinnen vorgesehen! Wer, wie, was? Später! So viel schon mal: Freitag, 14. Juni wird das Projekt (dank hilfreicher Unterstützung des Kulturbüros der Stadt) starten, und alle Kunstinteressierten sind herzlich zur Eröffnung eingeladen.

Aber der Reihe nach.

Es ist ein regnerischer Nachmittag, als ich der Einladung von Diana Dochia in ihr Zuhause folge. Man muss ein bisschen suchen, die Lage der Wohnung erschließt sich nicht sofort, und bitte nicht beim Nachbarn klingeln. Nur wo Dochia draufsteht, ist auch Dochia drin.

Sie nimmt mich mit in ihr – hm, ja, wie nenne ich es? Wohnzimmer? Arbeitszimmer? Galerie? Showroom? Alles in allem.

 


Schon der sorgfältig und liebevoll gedeckte Tisch überrascht und verzaubert den Gast. Und dann die Kunst. Sie ist überall präsent, ohne zu dominieren. Ausgewählte Kunstwerke an den Wänden, in Vitrinen, auf dem Regal, unter der Anrichte. Man ahnt, dass dies nur eine kleine Auswahl ist, und richtig: „Ich bin auf der Suche nach einem geeigneten Lagerraum. Eventuell habe ich einen in Rastatt gefunden“, erklärt die Hausherrin. Denn so einfach ist das nicht mit der vielen und großen Kunst: Es muss eine Halle her, groß, trocken, gut zugänglich und auch für Lieferwagen erreichbar. Denn Diana Dochia handelt mit Kunst, und das sehr erfolgreich: Ihr Stammhaus, die Galerie „Aniad“ (Diana rückwärts geschrieben) in Bukarest, feiert in diesem Jahr ihr 20jähriges Bestehen.

Wie kommt man dazu, diesen Beruf zu ergreifen, und dann auch noch in Rumänien, das ja, als Diana Dochia geboren wurde, noch im tiefsten verkrusteten Kommunismus dahindümpelte? In die Wiege gelegt wurde ihr der Kunstsinn tatsächlich nur bedingt. Die Eltern waren eher wirtschaftlich orientiert und zahlenaffin, als Steuerberater jonglieren sie in Bukarest mit Bilanzen und Erklärungen für den Fiskus. Aber auch zur Kunst zieht und zog es sie, schon früh nahmen sie ihre Tochter mit ins Museum, und so kann Diana Dochia ziemlich genau sagen, wann es bei ihr „Klick“ gemacht hat. Acht oder neun Jahre war sie damals, als sie mit den Eltern zum ersten Mal das Schloss Peleş in den rumänischen Bergen besuchte, ein Relikt aus der Zeit, in der die Hohenzollern als Könige in Rumänien herrschten. Was sie dort sah, ließ sie nicht mehr los.

Dennoch studierte sie erst einmal brav Buchhaltung und Steuern in Bukarest, bevor sie sich dann aber doch ihrer Leidenschaft zuwandte, der zeitgenössischen Kunst mit Fokus auf Körper und Videoart. Nach dem Studium der Kunstgeschichte verwirklichte sie 2004 in Bukarest ihren Traum von einer eigenen Galerie und betrat Neuland in ihrer Heimat, in der ja erst in den 90er Jahren der Kommunismus überwunden worden war und wo es ab dem Jahr 2000 überhaupt die ersten Galerien gab. „Anaid“ war denn auch tatsächlich die dritte privat geführte Galerie Rumäniens. Die Künstler, die sie vertritt, kennt sie aus dem Studium, sie kommen aus Rumänien und Ungarn. Den Raum für die Galerie fand sie mit Glück über ihre Eltern. Dennoch war der Anfang „kompliziert“, wie sie es höflich umschreibt. Es war ihr klar, dass sie in den ersten fünf Jahren keine Reichtümer würde anhäufen können, vor allem, weil sie eben keine „alte“ Kunst im Angebot hatte. Das änderte sich auch nicht, als sie Präsidentin für zeitgenössische Galerien in Rumänien wurde. „Wir haben noch kein System dafür, es sind Zustände wie in den 60er Jahren in Deutschland“, fand sie heraus. Dennoch zeigten sich schnell erste Erfolge: Schon ein Jahr später, 2005, wurde sie als Ausstellerin bei einer Kunstmesse in Mailand akzeptiert, und ein Jahr später folgte ein Auftritt bei einer ersten Messe in Deutschland.

2015 eröffnete sie eine Dependance in Deutschland, in Berlin. Sprachbarrieren gab es zum Glück nicht, hatte sie bereits in der Schule Deutsch gelernt und überhaupt: „Kunst ist international“. Die Geschäfte liefen allerdings auch hierzulande – nun ja, sagen wir mal „okay“. Erst war die Galerie in Berlin Mitte zu finden, später zog sie nach Charlottenburg. Corona allerdings machte ihren Ambitionen, wie bei so vielen anderen auch, einen Strich durch die Rechnung, und sie besann sich auf eine Idee, die sie bereits seit 2018 verfolgte: Eine Galerie mit online-Präsenz und online-Veranstaltungen. In Verbindung mit hochwertigen Katalogen aus dem Kerber-Verlag entpuppte sich dieser Schritt als kleines Erfolgsmodell: Hauptsächlich Kunden aus USA kaufen Kunstwerke gern per Klick und lassen sie sich dann frei Haus liefern. Was für eine Vorstellung! Geht da nicht etwas Wesentliches verloren, nämlich der Kontakt zu den Kunden? Beziehungsweise der Kontakt der Kunden zur Magie der Kunst? Diana Dochia nickt bestätigend, aber für sie persönlich ist das kein Problem. Enger als zu den Kunden ist der Kontakt einer Galeristin ja doch mit den Künstlern, die sie vertritt. 

 


Der Standort Berlin wurde zunehmend unattraktiv für sie, in Berlin fehlten ihr die passenden Künstler, und sie sah sich nach einem neuen Standort um. London? Aber das britische Königreich gehört nicht mehr zur EU, was die Vermarktung schwieriger macht. Paris vielleicht? Diana Dochia wiegt den Kopf und verzieht ein bisschen das Gesicht. „Aber mir gefällt Deutschland!“, gesteht sie. Und überhaupt! – Ach, Baden-Baden! Seit 1996 lässt sie unser Städtchen nicht mehr los. Damals hatte sie zum ersten Mal mit ihren Eltern auf der Durchreise nach Metz und Paris (auf den Spuren von Constantin Brâncuşi!) einen Stopp eingelegt. Nur zwei, drei Stunden hatte die Familie Aufenthalt an der Oos, das Burda-Museum gab es damals zwar noch nicht, aber auch das Café König kann einen bleibenden Eindruck hinterlassen! Jahre später flammte die Liebe wieder auf, als sie 2016 mit einer Kollegin im Rahmen der Art Karlsruhe einen Tag in Baden-Baden verbrachte. Diesmal MIT Burda-Museum. Und dann der 40. Geburtstag! Coronazeit, alles geschlossen. Aber in Baden-Baden fand sie eine Möglichkeit. „Ja, hier würde ich gerne leben“, wurde ihr damals endgültig klar, und auch, das sie nicht Jahrzehnte darauf warten wollte. Wie das Leben so spielt: Drei Tage hatte sie Zeit, eine Wohnung zu finden, und am letzten Tag klappte es! Seitdem lebt sie hauptsächlich hier, wenngleich da ja auch noch die Stammgalerie in Bukarest ist. Aber hier in Baden-Baden sprudeln die Ideen.

Zur Zeit wird der Umzug der Berliner Filial-Galerie nach Baden-Baden abgewickelt, mit viel Papierkram, aber halbem Herzen, denn zeitgleich wird ja im Herbst in der ursprünglichen Heimat das 20jährige Bestehen der Galerie gefeiert. Dafür gibt es natürlich viel vorzubereiten.

Aber so ganz im Verborgenen lebt Diana Dochia in Baden-Baden nicht. Zwar gibt es momentan noch keine Räumlichkeit für eine Galerie, aber es gibt diesen sehr charmanten „privaten Kunstraum“ in ihrer Wohnung. Der steht Interessierten jederzeit nach Vereinbarung offen. Und ich kann Kunstliebhabern wirklich empfehlen, einen Termin zu vereinbaren. Kunst in einer natürlichen, gediegenen Wohnumgebung wirkt ganz anders als an nüchternen weißen Wänden in großen sterilen Ausstellungshallen! Und eine "kleine" Bewirtung wird sicherlich noch das übrige dazu beitragen, locker über die Künstler und ihre Werke zu plaudern und kleine Geschichten am Rande zu erfahren. Das macht erst den Zauber des Kunst-Geschäfts aus. Auch wenn es ja, wie oben schon erwähnt, durchaus auch hier Verwerfungen gibt und man Kunst per Katalog und Video-Präsentation ohne persönlichen Kontakt und persönliches Erleben nach Hause bestellt. Wie das aussehen und funktionieren könnte, kann man auf der Webseite erfahren. => https://www.anaidartgallery.com/de



Dem breiteren Publikum in Baden-Baden will die Galeristin dieses Jahr auch ohne eigene öffentliche Räumlichkeiten einen Einblick in die Palette der von ihr vertretenen rumänischen und ungarischen Künstler bieten. Und so kam ihr die Idee, im Erdgeschoss des Alten Dampfbades „pop-up-Ausstellungen“ zu organisieren.

Vier Künstler werden zu Einzelausstellungen ins Alte Dampfbad kommen.

 

Zsolt Berszán

 
Zsolt Berszán

Den Anfang macht mit dem Titel „Spuren auf dem Feld“ am Freitag, 14. Juni, der rumänische Künstler Zsolt Berszán aus Transsylvanien. Seine Leidenschaft ist die schwarze Farbe, und seine Werke, so findet die Galeristin, passen hervorragend in den Säulen-Raum des Dampfbades. Eigens für Baden-Baden hat er sich übrigens durchgerungen, doch einmal eine andere Farbpalette auszuprobieren (im Eingangsfoto zu sehen). Die Ausstellung dauert bis 30. Juni.

 

Alina Aldea


Alina Aldea

Danach geht es vom 5. bis 14 Juli weiter mit Alina Aldea, die Installationen mit Federn und Spiegeln plant. „Allogenic Site“ heißt der Titel ihrer Perfomance.


Raluca Arnăutu

Raluca Arnăutu zeigt vom 19. bis 28. Juli unter dem titel „Herbarium“ zauberhafte Collagen mit pflanzlichen Motiven. 

 

Alexandru Rădvan


Alexandru Rădvan

Und vom 2. bis 18. August kommt Alexandru Rădvan ins Alte Dampfbad, der wie alle anderen auch in Bukarest studiert hat, und der selber Lehrer an der Kunstakademie ist und für seine großen Plastiken und Bilder bekannt ist. 

 

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Die Eröffnungen aller vier Ausstellungen sind jeweils freitags ab 17 Uhr geplant, und jeder Künstler wird persönlich vor Ort sein. Geöffnet sein werden die Ausstellungen Dienstag bis Freitag von 13 bis 18 Uhr und Samstag und Sonntag von 11 bis 15 Uhr.

Über die Ausstellungen werde ich noch gesondert berichten.

Mehr Informationen - und für Interessierte natürlich auch die Kontaktdaten zum „privaten Kunstraum“ in Baden-Baden - gibt es auf der Webseite der Anaid-Galerie => https://www.anaidartgallery.com/de