Der Gemeinderat sollte
die Bürgerdaten schützen
Jede Gemeinderatssitzung in Baden-Baden beginnt mit einer "Bürgerinnen- und Bürgerfragestunde". Ein großartiges Instrument der Demokratie. Wer sich traut, kann also direkt von der Zuschauer-Empore herab seine Wünsche und Anregungen und Fragen an Gemeinderat und Verwaltung vorbringen. Es sind auf diese Weise in der Vergangenheit schon sehr gute Vorschläge aus den Kreisen der Einwohnerschaft gemacht und umgesetzt worden, und wenn "heiße Eisen" auf der Tagesordnung stehen, wird diese Fragestunde zudem gerne genutzt, um auch gegensätzlichen Interessen eine Stimme zu geben und Gegenargumente vorzubringen.
Gute Sache also.
Was in jüngster Zeit allerdings stört, ist, dass sich die Bürger neurdings nicht nur mit ihrem vollen Namen vorstellen (das ist vollkommen berechtigt und gehört sich selbstverständlich so!), sondern auch ihre vollständige Adresse nennen sollen. Das finde ich bedenklich.
Nicht jeder möchte, dass seine Anschrift in der Zeitung veröffentlicht wird, und manch eine/r möchte noch viel weniger, dass der etwaige politischer Gegner weiß, wo er oder sie wohnt.
Die Zeiten sind rauer geworden, gerade auch, was die sozialen Medien anbelangt. Wenn da jemand mit einem Fake-Profil einen engagierten Bürger der Stadt in einer Gruppendiskussion angreift mit den Worten "Ich weiß, wo du wohnst!", dann ist das eine echte, ernstzunehmende Bedrohung. Wir Bürger und Nutzer der sozialen Medien sind aufgerufen, mit unseren Daten sorgsam umzugehen - aber auf der Zuschauertribüne sollen wir unsere Anschrift preisgeben? Gut, die Daten sollten eigentlich im Kreis von Gemeinderat und Verwaltung sicher sein, aber es sitzen eben neben den Pressevertretern im Gremium auch andere Bürger im Zuschauerraum, und von denen kann man das nicht ohne weiteres behaupten.
Mir persönlich ist es passiert, dass ich in dieser Fragestunde öffentlich ein heikles Thema anschnitt, und daraufhin in der Zeitung zu lesen war, in welcher Straße ich wohne. Gut, meine Adresse ist in unserer Stadt nicht unbedingt ein Geheimnis, aber mir ist in dem Augenblick doch der Schreck in die Glieder gefahren, meine Adresse - zum Glück ohne Hausnummer - in genau diesem heiklen Zusammenhang abgedruckt zu sehen.
Deshalb habe ich in der letzten Gemeinderatssitzung am 25. September die Anregung gegeben, man möge uns Bürgern erlauben, alternativ nur den Stadtteil zu nennen, in dem wir wohnen. Innenstadt, Sandweier, Steinbach oder Weststadt etc reicht doch vollkommen aus. Und wenn die Verwaltung unsere genaue Anschrift braucht, um uns eventuell schriftlich zu antworten, kann sie auf die Empore kommen und die Daten diskret abfragen. So wurde es früher auch gehandhabt.
Meine Meinung. Ich bin gespannt, ob meine Anregung angenommen wird.