Universalgenie und Renaissance-Mensch
Goethe lebt! Neue Gesellschaft gegründet
Was für eine Geburtstagsfeier! Der Jubilar tot, sein Festredner selber Jubilar, und am Ende des Abend steht ein hochgeistiges Experiment, auf das die Gäste ihr Sektglas erheben. Manche halten das Glas zu zweit, denn das Interesse (60 Personen waren gekommen) hat die Erwartungen der Gastgeber (40 Gläser standen bereit) bei weitem übertroffen. Aber der Wille ist da, und mit dem Anstoßen der Gläser ist eine neue Gesellschaft gegründet.
Um was es geht? Um niemanden geringeren als um Johann Wolfgang von Goethe, der am 28. August vor 274 Jahren das Licht der Welt erblickte, und der bei weitem mehr war als ein Dichterfürst, wie er gemeinhin genannt wird. Er war ebenso auch Schauspieler, Übersetzer, Weltbürger, Meteorologe, Geologe, Direktor, Künstler, Okkultist, Botaniker, Zeichner, Philosoph, Sportler... und, und, und... „das letzte Universalgenie“, fasst es der zweite Jubilar des Abends, Dr. Wolfram Frietsch, zusammen, der mit Goethe nicht nur das Geburtsdatum (wenn auch nicht das Jahr) gemeinsam hat. Frietsch ist Lehrer, Wissenschaftler für Politik, Literatur und Musik, Philosoph, Buch-Autor, Dozent, Komponist, Redner – und Vorsitzender der Gesellschaft für angewandte Philosophie. Und in eben dieser Eigenschaft widmete er den vergangenen Montag im Gartenhaus der Stadtbibliothek seinem Idol, eben jenem „wandelndem Enzyklopäden, genussvollem Renaissancemenschen und Kollektivwesen“, dessen 275. Geburtstag im nächsten Jahr Anlass genug ist, über den Sinn und Zweck einer „Gesellschaft für angewandte Philosophie“ zu philosophieren. Ergebnis: Künftig werden sich die Versammlungen verstärkt mit Goethes universeller Welt beschäftigen. Und was liegt da näher, als die – übrigens gemeinnützige - „Gesellschaft für angewandte Philosophie“, die seit 20 Jahren in Baden-Baden Programm macht, in „Goethe-Gesellschaft“ umzuformieren (beides läuft künftig parallel unter einem Dach). Gedacht, getan.
Dazu heißt es in einer Information über den Abend:
„Die Goethe Gesellschaft wird vorerst unter dem Dach der GPH, der Gesellschaft für angewandte Philosophie, agieren. Ziel ist es, ein breites Programm anzubieten, das nach Goethes Vorbild Literatur, Naturwissenschaft, Medizin, Biologie, Architektur bis hin zu Kunst, Musik und auch Philosophie abdecken will.
Goethe, der als „Renaissancemensch“ oder auch als „Universalgenie“ tituliert wird, ist bis heute wirksam. Dies wurde in dem Vortrag der Gründungsveranstaltung durch Dr. Wolfram Frietsch deutlich, der die Universalität Goethes herausstellte. Goethe sagt über sich: „Mein Werk ist das eines Kollektivwesens, und es trägt den Namen Goethe.“ Für Goethe ist die Kunst, die Kultur, das Ästhetische die zentrale Klammer, die den Menschen ethisch wie moralisch, politisch wie gesellschaftlich für die Zukunft rüsten wird. Angewandte Philosophie – und das bedeutet ein tätiges Leben – ist für ihn gelebte Ästhetik.
Für Goethe wäre Globalisierung ein sozialer Akt, der alle Menschen auf der Erde vereint, eine Art Weltbund, in dem alle transnational vertreten sind.
Johann Wolfgang von Goethe kann bis heute durch seine Worte inspirieren und einen Weg, vielleicht sogar einen Ausweg aus der Krise der Moderne hin zu einer humanen Welt weisen. Obwohl der Mensch im Mittelpunkt steht, ist es das Leben selbst, dem wir verpflichtet sind, denn Wert und Würde sind die Bausteine der Welt.
Es ist geplant, ab dem Jahr 2024 mit mindestens vier Vortragsabenden rund um „Goethe“ im Rahmen der Aktivitäten der Gesellschaft für angewandte Philosophie zu starten. Damit will die Goethe Gesellschaft Themenbereiche rund um die Universalität Goethes aufgreifen und einem breiten Publikum vorstellen. All das ist eine Herausforderung und ein Experiment, um Kultur und Natur, Wissenschaft und Ästhetik anders zu denken. Alle sind herzlich eingeladen.
Nähere Informationen unter:
=> www.philosophia-baden-baden.de
Eine Mitgliedschaft in der Goethe-Gesellschaft Baden-Baden ist vorerst nur über eine Mitgliedschaft in der Gesellschaft für angewandte Philosophie möglich.“
Mit anderen Worten: Name und Inhalt ändern sich, sind aber unter einem Dach vereint, die handelnden Personen und ihr Engagement, uns auf andere Gedankengänge zu bringen, bleiben uns aber in gewohnter Weise erhalten.
In diesem Jahr jedoch geht es noch an drei Abenden mit dem bewährten Programm weiter:
Donnerstag, 28, September: „Ist alles andere immer falsch? - Angewandte Philosophie als Basis pluraler Gesellschaft“ - Vortrag von Prof. Dr. Dr. Bernhard Uhde (Uni Freiburg).
Donnerstag, 26. Oktober: „Politik, Ökologie, Psychologie und die Welt von morgen“ - Gespräch mit Dr. Wolfram Frietsch und Dr. Franz Alt.
Donnerstag, 16. November: „Resilienz und Literatur – die Widerstandskräfte im Alltag aktivieren“ Vortrag von Dr. Wolfram Frietsch.
Beginn jeweils 19.30 Uhr, Ort: Gartenhaus der Stadtbibliothek.
Dr. Wolfram Frietsch bietet übrigens an der Volkshochschule Baden-Baden einen Kurs zum Thema „Resilienz und Literatur als Ratgeber und Ideengeber“ an: 10. Oktober bis 14. November 2023, jeweils dienstags, 18.30 bis 20 Uhr
Mehr zu Dr. Wolfram Frietsch => https://www.wolframfrietsch.de/