Samstag, 19. März 2016

Alltagswahn - Staubwedel und...

  Hier schreibt Michael Beck über ganz alltägliche Begegnungen, die nicht immer bierernst zu nehmen sind. Viel Spaß!


Staubwedel und Kampfstern Galaktika …
 
Ein kalter Wintertag. Ein Hauch von Sonne, minus 5 Grad, geschlossene Schneedecke. Gute Voraussetzungen für einen ersprießlichen Gassigang am gestrigen Tag.
Das Hundemobil wird in der Pampa geparkt, Handschuhe an, großen und gar nicht mehr kleinen Hund an die Leinen und los gehts. Schnüffelorgie beginnt, ich genieße die kalte Winterluft. Wird etwas getrübt durch den sehr würzigen Kackhaufen des Junghunds… alter Falter. Die Schnüffellust wird durch Gegenverkehr reduziert. Ein weibliches Wesen kommt uns in der Ferne entgegen. Allem Anschein nach hat sie einen Staubwedel an der Leine, der sich von alleine bewegen kann. Zwanzig Meter näher stellen wir fest, ein Staubwedel mit Mäntelchen – ich könnte schwören, meine beiden haben gegrinst. Frauchen gehört zur Klickerfraktion – das sind HundeführerInnen, die den Begleithund mit einem Klick eines kleinen Gerätes belohnen. Oder motivieren. Oder bestrafen. Ich habe das nie wirklich verstanden, die meisten Klickerleute glaube ich auch nicht. Unser Gegenverkehr klickert ständig. Der Staubwedel tilt und fängt an zu keifen. Frauchen klickt. Immer wenn er aufhört zu bellen. Klick. Dann bellt er wieder. Wird schon einen Sinn haben, denke ich und manövriere den leicht ungehaltenen großen Hund und den nicht mehr ganz neutralen Junghund an den beiden vorbei. Immerhin hat Frauchen sich den Staubwedel quasi ans Bein getackert. Ayla (die ganz Große) bläst Luft durch die Nase, immer ein schlechtes Zeichen und hat einen leicht angestellten Kamm. Junghund Andra hat die Halskrause aufgeblasen. Ich will nicht wissen, was der Staubwedel gesagt hat.
Angenehm verstreichen die nächsten Kilometer. Der Junghund genießt die fünf Meter lange Leine zum cruisen, Ayla läuft frei und trödelt auf den Wiesen rum. Oh, ein Maulwurfshügel, frisch – dem muss nachgegangen bzw. nachgegraben werden. Junghund und ich gehen weiter, weit und breit niemand zu sehen, Ayla kommt dann schon nach. Andra bleibt plötzlich stehen und blickt starr in die Weite. Ich seh nix. Dann doch. Etwas kommt mit einem Affenzahn auf uns zugerannt, dicht über dem Boden. Dann höre ich es auch – der Staubwedel kommt quer über alle Wiesen und Äcker gerast, kläffend, knurrend und geifernd. (Nun sei vorweggenommen, der Staubwedel ist ein Malteser – ich hab Tante google gefragt – so gute 20 cm hoch, lächerliches Kampfgewicht). Ein Suizidant also. Ich hole den Junghund auf halbe Leinenlänge zu mir ran und zücke meine Wurfkette. Ab damit, um das sich anbahnende Drama erst gar nicht geschehen zu lassen. Die Töle ist aber so klein, dass ich sie knapp verfehle. Fuck! Junghund macht sich kampfbereit – alle Zähne blank. In diesem Moment fällt mir wieder ein, dass ich den großen Hund gar nicht an der Leine habe. Selbiger kommt gerade in großen Sprüngen angaloppiert. Jedesmal wenn die Vorderläufe auf der Wiese auftreffen, kommt ein Geräusch aus dem offenen Maul, das sich anhört wie „Hoarrrhoarrrr!“ Muss man nicht unbedingt gehört haben, denn es bringt sogar den hysterischen Staubwedel zum Anhalten. Aus der Ferne quietscht eine Frauenstimme hysterisch „Tiffy, Tiffy!“ Ich könnte schwören, es klickert auch. Ich mühe mich, den ausflippenden Junghund zu bändigen, der beschlossen hat, die Töle fertig zu machen. Meine Steh- und Zu mir-Kommandos an die Große verpuffen wirkungslos. Ein Ohr zeigt mir, dass sie mich gehört hat – but a Kangal has to do what a Kangal has to do. Die Töle knurrt die Große tatsächlich an, fatal error. In meinem Kleinhirn klappt die Liste mit Baden-Badener Rechtsanwälten auf, ich formuliere die Schlagzeile des Badischen Tagblatts „Liste 2 Hund beißt Schosshund tot – Klickerfrauen fordern Verbot großer Rassen!“
Haben Sie mal in Ihrer Jugend „Kampfstern Galaktika“ gesehen? Dieses Megariesenraumschiffdingsda, unter dem es immer dunkel wurde, wenn es über einen Planeten flog, weil es so groß war? Über Tiffy schob sich der Kampfstern Galaktika und es wurde düster über der und um die Töle herum. Die Beißattacke mit Genickbrechen blieb aus – Ayla schaut auf den Staubwedel herunter und knurrt – falls jemand „Herr der Ringe“ gesehen hat, ungefähr dasselbe Geräusch, wie der Balrog, der aus der Tiefe auftaucht und Gandalf meuchelt. Tiffy pinkelt vor Angst (doofes Vieh, zwei große Hunde attackieren und dann feststellen dass das ein ganz schlechter Plan ist). Oh, pieseln? Fatal error Nummer zwei. Ayla schiebt sich einen Schritt weiter und pieselt ebenfalls – reichlich und treffsicher. Der Malteser – vormals weiß – ist jetzt vergilbt und sehr nass. Ayla schnüffelt zufrieden, dreht sich um, kommt zu mir und setzt sich neben mich. Der Junghund hat trotz Verfärbung des Maltesers immer noch das Bedürfnis, sich mal richtig zu beweisen. Ich halte ihn angestrengt im Geschirr. Das keuchende Frauchen von Tiffy ist auf zehn Meter rangerückt. „Wie kann man so einen Hund frei laufen lassen?“ kreischt sie. Ich schalte viel zu langsam und sage „Ja, das find ich auch!“ „Ihr Monster da meine ich!“ quiekt sie weiter. Sie hebt Tiffy hoch, läßt die Töle aber sofort wieder fallen – „Das Mäntelchen ist ja völlig ruiniert!“ „Na, wenn Sie sonst keine Sorgen haben…seien Sie froh, dass Ihrem aggressiven Köter nichts passiert ist.“ entgegne ich. Sie fängt noch mal mit dem Mäntelchen an. Meine Antwort darauf ist nicht zur Niederschrift geeignet.
Klick. Klick.

Und hier zur Illustration, um wen es geht...