Hier schreibt Michael Beck über ganz alltägliche Begegnungen, die nicht immer bierernst zu nehmen sind. Viel Spaß!
Staubwedel und Kampfstern Galaktika …
Ein
kalter Wintertag. Ein Hauch von Sonne, minus 5 Grad, geschlossene
Schneedecke. Gute Voraussetzungen für einen ersprießlichen
Gassigang am gestrigen Tag.
Das
Hundemobil wird in der Pampa geparkt, Handschuhe an, großen und gar
nicht mehr kleinen Hund an die Leinen und los gehts. Schnüffelorgie
beginnt, ich genieße die kalte Winterluft. Wird etwas getrübt durch
den sehr würzigen Kackhaufen des Junghunds… alter Falter. Die
Schnüffellust wird durch Gegenverkehr reduziert. Ein weibliches
Wesen kommt uns in der Ferne entgegen. Allem Anschein nach hat sie
einen Staubwedel an der Leine, der sich von alleine bewegen kann.
Zwanzig Meter näher stellen wir fest, ein Staubwedel mit Mäntelchen
– ich könnte schwören, meine beiden haben gegrinst. Frauchen
gehört zur Klickerfraktion – das sind HundeführerInnen, die den
Begleithund mit einem Klick eines kleinen Gerätes belohnen. Oder
motivieren. Oder bestrafen. Ich habe das nie wirklich verstanden, die
meisten Klickerleute glaube ich auch nicht. Unser Gegenverkehr
klickert ständig. Der Staubwedel tilt und fängt an zu keifen.
Frauchen klickt. Immer wenn er aufhört zu bellen. Klick. Dann bellt
er wieder. Wird schon einen Sinn haben, denke ich und manövriere den
leicht ungehaltenen großen Hund und den nicht mehr ganz neutralen
Junghund an den beiden vorbei. Immerhin hat Frauchen sich den
Staubwedel quasi ans Bein getackert. Ayla (die ganz Große) bläst
Luft durch die Nase, immer ein schlechtes Zeichen und hat einen
leicht angestellten Kamm. Junghund Andra hat die Halskrause
aufgeblasen. Ich will nicht wissen, was der Staubwedel gesagt hat.
Angenehm
verstreichen die nächsten Kilometer. Der Junghund genießt die fünf
Meter lange Leine zum cruisen, Ayla läuft frei und trödelt auf den
Wiesen rum. Oh, ein Maulwurfshügel, frisch – dem muss nachgegangen
bzw. nachgegraben werden. Junghund und ich gehen weiter, weit und
breit niemand zu sehen, Ayla kommt dann schon nach. Andra bleibt
plötzlich stehen und blickt starr in die Weite. Ich seh nix. Dann
doch. Etwas kommt mit einem Affenzahn auf uns zugerannt, dicht über
dem Boden. Dann höre ich es auch – der Staubwedel kommt quer über
alle Wiesen und Äcker gerast, kläffend, knurrend und geifernd. (Nun
sei vorweggenommen, der Staubwedel ist ein Malteser – ich hab Tante
google gefragt – so gute 20 cm hoch, lächerliches Kampfgewicht).
Ein Suizidant also. Ich hole den Junghund auf halbe Leinenlänge zu
mir ran und zücke meine Wurfkette. Ab damit, um das sich anbahnende
Drama erst gar nicht geschehen zu lassen. Die Töle ist aber so
klein, dass ich sie knapp verfehle. Fuck! Junghund macht sich
kampfbereit – alle Zähne blank. In diesem Moment fällt mir wieder
ein, dass ich den großen Hund gar nicht an der Leine habe. Selbiger
kommt gerade in großen Sprüngen angaloppiert. Jedesmal wenn die
Vorderläufe auf der Wiese auftreffen, kommt ein Geräusch aus dem
offenen Maul, das sich anhört wie „Hoarrrhoarrrr!“ Muss man
nicht unbedingt gehört haben, denn es bringt sogar den hysterischen
Staubwedel zum Anhalten. Aus der Ferne quietscht eine Frauenstimme
hysterisch „Tiffy, Tiffy!“ Ich könnte schwören, es klickert
auch. Ich mühe mich, den ausflippenden Junghund zu bändigen, der
beschlossen hat, die Töle fertig zu machen. Meine Steh- und Zu
mir-Kommandos an die Große verpuffen wirkungslos. Ein Ohr zeigt mir,
dass sie mich gehört hat – but a Kangal has to do what a Kangal
has to do. Die Töle knurrt die Große tatsächlich an, fatal error.
In meinem Kleinhirn klappt die Liste mit Baden-Badener Rechtsanwälten
auf, ich formuliere die Schlagzeile des Badischen Tagblatts „Liste
2 Hund beißt Schosshund tot – Klickerfrauen fordern Verbot großer
Rassen!“
Haben
Sie mal in Ihrer Jugend „Kampfstern Galaktika“ gesehen? Dieses
Megariesenraumschiffdingsda, unter dem es immer dunkel wurde, wenn es
über einen Planeten flog, weil es so groß war? Über Tiffy schob
sich der Kampfstern Galaktika und es wurde düster über der und um
die Töle herum. Die Beißattacke mit Genickbrechen blieb aus –
Ayla schaut auf den Staubwedel herunter und knurrt – falls jemand
„Herr der Ringe“ gesehen hat, ungefähr dasselbe Geräusch, wie
der Balrog, der aus der Tiefe auftaucht und Gandalf meuchelt. Tiffy
pinkelt vor Angst (doofes Vieh, zwei große Hunde attackieren und
dann feststellen dass das ein ganz schlechter Plan ist). Oh, pieseln?
Fatal error Nummer zwei. Ayla schiebt sich einen Schritt weiter und
pieselt ebenfalls – reichlich und treffsicher. Der Malteser –
vormals weiß – ist jetzt vergilbt und sehr nass. Ayla schnüffelt
zufrieden, dreht sich um, kommt zu mir und setzt sich neben mich. Der
Junghund hat trotz Verfärbung des Maltesers immer noch das
Bedürfnis, sich mal richtig zu beweisen. Ich halte ihn angestrengt
im Geschirr. Das keuchende Frauchen von Tiffy ist auf zehn Meter
rangerückt. „Wie kann man so einen Hund frei laufen lassen?“
kreischt sie. Ich schalte viel zu langsam und sage „Ja, das find
ich auch!“ „Ihr Monster da meine ich!“ quiekt sie weiter. Sie
hebt Tiffy hoch, läßt die Töle aber sofort wieder fallen – „Das
Mäntelchen ist ja völlig ruiniert!“ „Na, wenn Sie sonst keine
Sorgen haben…seien Sie froh, dass Ihrem aggressiven Köter nichts
passiert ist.“ entgegne ich. Sie fängt noch mal mit dem Mäntelchen
an. Meine Antwort darauf ist nicht zur Niederschrift geeignet.
Klick.
Klick.
Und hier zur Illustration, um wen es geht...