Menschen
in Baden-Baden, heute:
Hans-Dieter
Boos
Die
Sonne scheint, es ist eine kurze Fahrt durch Feld, Wald und Flur.
Dann ist das Ziel auch schon erreicht, und Haueneberstein, der
4000-Seelen-Ort etwas außerhalb des noblen Stadtkerns von
Baden-Baden, zeigt sich von seiner schönsten Seite. Alles ist da,
was man zum Leben braucht: Apotheke, Bäcker, Metzger, Einzelhandel,
gut besuchte Ganztages-Grundschule, Kindergarten, Kirche, eine Halle
zum Feiern (ganz wichtig) und, fast noch wichtiger: ein glücklicher
Mann, der mit sich, seinem Beruf und seinem Dorf im Reinen ist –
Hans-Dieter Boos, hauptamtlicher Ortsvorsteher und rund um die Uhr Ansprechpartner im Dorf für alle Belange des
Lebens.
Er
sieht sich als Bindeglied zwischen Bürger und Verwaltung; den Beruf
des Ortsvorstehers übt er seit genau 20 Jahren nun schon mit wahrer
Leidenschaft aus. Überhaupt – das Wort Beruf gefällt ihm
eigentlich nicht so gut im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit.
Berufung, das ist es, was ihn von morgens bis spätabends, auch an
den Wochenenden antreibt. Berufung und die Liebe zu seinen
Mitbewohnern und zum Dorf, in dem er nun schon seit 30 Jahren lebt.
„Da gehen wir nicht mehr weg“, habe ihm seine Frau vor vielen
Jahren einmal ganz spontan auf einem der berühmten Eberbachfeste
zugerufen, „und sie hatte wie immer Recht“.
Seitdem gehört Hans-Dieter Boos zum Dorf. Wo etwas los ist, ist er dabei. 41-Stunden Woche? Er winkt ab. Er zählt die Stunden nicht. „Ich habe es mir so ausgesucht, da wird mir nichts zuviel“, erklärt er mit Nachdruck. Auch die Balger können ein Lied von und mit ihm singen, denn er fungiert für seinen Geburtsort ebenfalls als Ansprechpartner – und leiht dem örtlich Chor dort seine Stimme. Freizeit? Eher ein Fremdwort. Ein bisschen Nodic-Walking, ein bisschen Gärtnern – oder besser: Ernten. Immer ist er in Bewegung. Stillsitzen auf einer Bank und Löcher in die Luft starren, das ist so gar nichts seins.
Seitdem gehört Hans-Dieter Boos zum Dorf. Wo etwas los ist, ist er dabei. 41-Stunden Woche? Er winkt ab. Er zählt die Stunden nicht. „Ich habe es mir so ausgesucht, da wird mir nichts zuviel“, erklärt er mit Nachdruck. Auch die Balger können ein Lied von und mit ihm singen, denn er fungiert für seinen Geburtsort ebenfalls als Ansprechpartner – und leiht dem örtlich Chor dort seine Stimme. Freizeit? Eher ein Fremdwort. Ein bisschen Nodic-Walking, ein bisschen Gärtnern – oder besser: Ernten. Immer ist er in Bewegung. Stillsitzen auf einer Bank und Löcher in die Luft starren, das ist so gar nichts seins.
Zurück
zu seiner hauptamtlichen Tätigkeit. Wie wird man eigentlich Ortsvorsteher?
Formal wird man auf Vorschlag des Ortschaftsrates vom Gemeinderat
gewählt, es ist aber kein politisches Mandat, sondern eine so
genannte Bestellung. „Ich bin ganz normaler Beamter“, erklärt
er.
Beamter.
Das hört sich eigentlich nicht nach einem Traumberuf seit
Kindesbeinen an. Wie kommt man dazu? Hans-Dieter Boos lacht, weil die
Antwort ganz einfach ist: „Mein Onkel war bei den Stadtwerken, als
Busfahrer. Und als ich mich nach der Mittleren Reife fragte, was ich
werden sollte, sagte er: Junge, geh zur Stadt. Das wäre was für
dich!“ Also hat der „Junge“ sich bei der Stadtverwaltung
beworben, eine Ausbildung für den mittleren Dienst begonnen und
seine Entscheidung nie bereut. „Es macht einfach Spaß, weil ich
viel mit Menschen zu tun habe“, sagt er. „Es ist meine berufliche
Erfüllung schlechthin, wenn ich Menschen helfen kann.“
Tatkräftige Hilfe
Viele
Begebenheiten schwirren ihm durch den Kopf, als ich ihn nach
besonderen Beispielen frage, eines ist ihm ganz besonders im
Gedächtnis geblieben: Ein damaliger Kollege berichtete ihm, seine
Mutter habe alle Rentenunterlagen weggeworfen, weil sie nach früherer
Rechtslage nicht genügend Anwartschaften hatte. Daraufhin habe er
solange recherchiert, bis er sechs Jahre für die Frau zusammen hatte
und sie eben doch ein Anrecht auf Rente hatte. „Eines Tages stand
sie mit Tränen in den Augen vor mir und hat sich dafür bedankt.“
Unvergesslich sei das für ihn gewesen.
Bewegend
findet er es auch immer wieder, wenn langwierige Projekte im Ort
viel Geduld brauchen und dann doch irgendwann realisiert werden und
er bei ihrer Einweihung dabei sein kann. Eberbachhalle, Kreisverkehr,
Stadtbahnhaltestelle fallen ihm spontan dazu ein, und er strahlt
dabei übers ganze Gesicht.
Überhaupt
scheint er sich in seinem Ort pudelwohl zu fühlen. Warum? Was macht
Haueneberstein so besonders? Viele Punkte sprudeln aus ihm heraus:
Die intakte Infrastruktur, dass man den Spagat zwischen
Gewerbestandort und dörflichem Charakter gut hinbekommen hat, die
verkehrstechnisch hervorragende Anbindung – auch den öffentlichen
Nahverkehr findet er vollkommen ausreichend, obwohl das manche
Halbwüchsige und ihre Eltern deutlich anders sehen. Und dann sind da
natürlich noch die Hauenebersteiner selbst, aufgeschlossene,
freundliche und hilfsbereite Menschen, die auch gegenüber Neubürgern
stets offen sind, so wie er es bisher erfahren hat. Das schlägt sich auch im regen Vereinsleben
nieder. 23 Vereine – da finde jeder etwas für seine Neigung, egal
ob Schießsport, Fußball, Laufen, Musik, Heimatgeschichte oder
Fastnacht... "Die Vereine harmonieren auch untereinander und helfen
sich gegenseitig aus", sagt er. Besonders stolz ist der Ortsvorsteher natürlich
darauf, dass Haueneberstein der erste Stadtteil ist, in dem komplett
alle Vereine als jugendfreundlich zertifiziert sind und das
„HaLT“-Siegel bekamen (Hart am Limit). => KLICK
Sorgen in der dörflichen Idylle
Dennoch
– auch im idyllischsten Ort spielt der Alkohol immer wieder eine
Rolle, besonders bei den einst so beliebten Nachtumzügen in der
Faschingszeit. Auch Haueneberstein hat inzwischen die Reißleine
ziehen müssen, weder die örtlichen Vereine noch die Polizei bekamen
die – zum großen Teil von außerhalb angereisten - Schnapsleichen
mehr in den Griff, denn die einst so beliebte und kleine
Veranstaltung lief immer mehr aus dem Ruder. Aber Hans-Dieter Boos
zwinkert mit den Augen und freut sich trotzdem diebisch: „Inzwischen
trifft man sich halt in der Fastnachtszeit unangekündigt, spontan,
irgendwo an einem geheimen Ort im Dorf und zieht dann gemeinsam zur
Eberbachhalle.“
Allmählich
wird mir das fast zu viel mit der Lobhudelei und der rosaroten Brille. „Wenn Sie so
weitermachen, ziehe ich ja noch her“, rufe ich spaßeshalber, und
er lacht zurück: „Dann hätte ich mein Ziel erreicht.“
Nun,
es gibt aber bei aller Idylle doch ein paar Sorgen, die die
Ortsverwaltung drücken. Der geplante Standort für ein
Asylbewerberheim draußen im Gewerbegebiet treibt einige Anlieger, die zum Teil auch auf ihrem Werksgelände wohnen, zur
Weißglut. Sie drohen mit Klage, schreiben Leserbriefe.
Hans-Dieter
Boos bleibt dennoch freundlich. Im Ratssaal neben seinem Büro hängen
die Pläne, er hat eine andere Sicht auf die Dinge, findet, man habe
einen guten Standort gefunden, einen, an dem die Verwaltung das
unmittelbare Umfeld selbst mitbestimmen kann, weil das Land ihr gehört. Er
findet die Örtlichkeit auch nicht zu weit abseits vom Ort. Einen
Supermarkt gibt es in Sichtweite, die nächste Bushaltestelle sei
auch fußläufig erreichbar.
Und
die Anlieger? Einer von ihnen, René Meyer, bleibt hart. Er ist –
wie viele andere – empört, wie hier mit zweierlei Maß gemessen
wird, sagt er mir, als ich ihn vor Ort befrage. Die Verwaltung sei ihnen gegenüber extrem kleinlich gewesen,
was die Auslegung von Bauvorschriften anbelangt, und nun setze man
sich über alles hinweg, und plane Unterkünfte gleich für 90
Personen, und das ohne echte Infrastruktur auf der grünen Wiese.
Das wollen die Anlieger bekämpfen, zur Not werden sie gerichtlich vorgehen. Gegen Asylbewerber selbst hätten sie nichts, betonen sie. Gerade Meyer unterstützt die ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer wie auch die Aylbewerber selbst immer wieder spontan und großzügig. Es gehe ihnen nur um die Lage am Rand des Gewerbegebiets und um die Ausmaße der Unterkunft, betont er. „Würde wir hier nur über 30 oder 40 Asylbewerber reden, würde niemand etwas sagen“.
Das wollen die Anlieger bekämpfen, zur Not werden sie gerichtlich vorgehen. Gegen Asylbewerber selbst hätten sie nichts, betonen sie. Gerade Meyer unterstützt die ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer wie auch die Aylbewerber selbst immer wieder spontan und großzügig. Es gehe ihnen nur um die Lage am Rand des Gewerbegebiets und um die Ausmaße der Unterkunft, betont er. „Würde wir hier nur über 30 oder 40 Asylbewerber reden, würde niemand etwas sagen“.
Kann
es sein, dass hier ein Kommunikationsproblem vorliegt? Hans-Dieter Boos schüttelt den Kopf. Nicht von seiner Seite. „Ich bleibe
gesprächsbereit.“ Bereits in der kommenden Woche soll es ein erneutes
Treffen mit den Anliegern geben, ganz privat, außerhalb des
offiziellen Terminkalenders. Er hofft, nein, er ist überzeugt, dass man doch noch zu einer guten Lösung kommt. "Ich lasse jedenfalls nichts unversucht."
Und
Hans-Dieter Boos wäre kein Optimist, wenn er nicht auch Positives
sehen würde: Schon 30 Einwohner haben sich bei ihm gemeldet, die
sich vor Ort aktiv in der Flüchtlingshilfe engagieren wollen. „Das
ist toll“, freut er sich.