Montag, 1. Juni 2015

Asylgeschichten (2)


Begeisterung
ganz da oben




Samstagnachmittag. Parkplatz am Alten Schloss in Baden-Baden. Verstreute Spaziergänger bleiben verwirrt stehen, als mehrere Autos vorfahren und ein gutes Dutzend junger Asylbewerber mit ihren Begleitern aussteigen. Die Jungs kommen aus aller Herren Länder, aus Gambia, Guinea, Somalia, Ghana, Togo, Afghanistan und dem Irak. Sie stehen dicht beieinander, immer in der Nähe ihrer Betreuer. Offene Gesichter, erste, verlegene Scherzworte, ein Lachen, ein sympathischer Händedruck.

Sie haben Schlimmes erlebt und versuchen, es zu verdrängen, denn sie sind stark und mutig. Einer zum Beispiel, stammt aus Afghanistan. Seine Eltern - tot. Sein Zuhause - zerbombt. Er stand vor dem Nichts. Und das als Junge mit gerade mal elf Jahren. Es gibt ein Überleben, hat er gehört, und er folgt den Spuren der anderen, sucht Schutz in der Türkei, wird weiter gespült nach Griechenland, Ungarn... Allein. Auf sich gestellt. Wird zwölf, wird dreizehn... erlebt Dinge, die wir uns nicht vorstellen können und wollen, und über die auch nicht gesprochen wird.

Irgendwann landet er dann in Deutschland, als UMF, wie es so schön heißt, als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling. 

Hier ein Bericht zum Thema von der Süddeutschen Zeitung aus dem Jahr 2014 => KLICK

Und hier ein Artikel in der ZEIT von 2015 => KLICK

Für ein paar Wochen sind nun diese Jugendlichen im Zentrum für individuelle Erziehungshilfen in Karlsruhe gelandet (hier geht es zur Webseite des "Zefie" => KLICK), dann werden sie nach einem bestimmten Schlüssel an die Landkreise verteilt.

Während sie in der "Zefie" sind, kümmert sich ein ganzer Stab von Hauptamtlichen, Pädagogen, Sozialarbeitern, aber auch viele Freiwillige um die Jugendlichen unter 16 Jahren. Und das bedeutet eben auch, sie zu beschäftigen. Gerade in den Ferien und vor allem am Wochenende.

Über die Vermittlung von Samuel Mottaki, der regelmäßig in der Zefie arbeitet, kam nun ein Ausflug der Jugendlichen nach Baden-Baden zustande. Nicht in die mondäne Innenstadt, sondern hinauf auf die Höhen, auf das Alte Schloss. Betreut wurden sie dabei von freiwilligen Helfern aus der Gruppe "aktivbrücke", von Helfern aus der Vincentiushaus-Gruppe und auch von jungen Asylbewerbern aus der Westlichen Industriestraße, die den Minderjährigen bei Veständigungsproblemen schnell helfen konnten.

Noch etwas verhalten nehmen die Minderjährigen den Aufstieg...





... werden vom Wirt des Alten Schlosses, Peter Zorn, begrüßt ...






...dann geht es erst mal hinauf in luftige Höhe, und spätestens hier schlägt die anfängliche Unsicherheit in Begeisterung um, löst sich die Anspannung:












Wie tief das wohl ist? 



Dank Dolmetscher klappt es auch mit dem geschichtlichen Vortrag durch Peter Zorn...



... und zum Abschluss gibt es noch ein Eis.

Dann geht es hinab in die Weststadt zu einem bescheidenen Abendimbiss und wieder zurück nach Karlsruhe, wo sie nun darauf warten, in Pflegeeinrichtungen und -familien verteilt zu werden.

Nach welchem Schlüssel das geschieht, ist nicht zu erfahren. Einem der Jugendlichen, der freundlich interessiert, aber isoliert abseits saß, weil er als Georgier weder Deutsch noch Englisch spricht, wünschte man als Beobachter ganz spontan, das Schicksal möge ihn doch bitte ins "russische" Baden-Baden spülen. Ob das klappt, steht in den Sternen.

Dennoch - es war eine Herzensfreude zu sehen, wie die Jugendlichen immer mehr auftauten. Man spürte die Hoffnung. Eine neue Zukunft liegt vor ihnen, und sie sind bereit dafür.