Mittwoch, 20. Mai 2015

AK Asyl Neuwahl



Sanfte Wachablösung
an der Spitze des AK Asyl


Nach drei Jahrzehnten an der Spitze des Arbeitskreises Asyl in Baden-Baden haben sich Sibylle Loeben als Vorsitzende und Christian Kühnel als ihr Stellvertreter am Montag in der Mitgliederversammlung des Vereins nun ins zwei Glied zurückgezogen und fungieren ab sofort nur noch als Beisitzer im Vorstand. Gleichwohl bleibt ihr Wissen natürlich erhalen, denn sie werden auch weiterhin wie gewohnt die Asylbewerber im Stadtgebiet bei ihrem schwierigen Weg durch das Asylrecht beraten und begleiten. Neuer Vorsitzender des Vereins ist Ludwig Herfs, der bis zu seinem Ruhestand 30 Jahre lang in leitender Position im Kinder- und Jugendheims Baden-Baden tätig war. Seit September letzten Jahres engagiert er sich aktiv im Arbeitskreis. Zu seinem Stellvertreter wurde Rechtsanwalt Michael Hummel gewählt, als Kassiererin wird künftig Lea Herfs fungieren.


von links: Christian Kühnel, Sibylle Loeben, Michael Hummel, Ludwig Herfs und Lea Herfs


Schon im Januar hatte sich die sanfte Veränderung an der Spitze des Arbeitskreises angebahnt, als Sibylle Loeben verkündete, nach Jahrzehnten harter Arbeit allmählich des Kämpfens gegen bürokratische Windmühlen müde zu sein. Zehn Stunden in der Woche widme sie sich mindestens diesem Ehrenamt – neben ihrem Job und ihrem kleinen Bauernhof.

Als am Montag der Punkt Neuwahlen näher rückte, übernahmen die Mitglieder ohne viel Aufhebens zu machen, die Verantwortung. Und im Zuge des Wechsels wurden auch gleich Satzungsänderungen genehmigt und der Weg frei gemacht für die künftige Erhebung eines Mitgliedsbeitrags. Wie hoch der sein wird, wird der Vorstand demnächst beraten und festlegen.

Dass formelle Mitgliedsbeiträge notwendig ist, zeigte ein Blick ins Kassenbuch. So manches Mal hatten die beiden Vorsitzenden, wenn es für Asylbewerber bei ihrer rechtlichen und finanziellen Versorgung in Notfällen einmal eng wurde, selber eigenes Geld gespendet.

Inzwischen ist dies nicht mehr nötig. Denn im gleichen Maßen, wie sich die Zahl der Asylbewerber in Baden-Baden in den letzten Monaten erhöhte, stieg die Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung. Das schlug sich nicht nur in einem erhöhten Spendenaufkommen nieder, sondern auch in der Zahl der Mitglieder im Arbeitskreis, die immerhin von elf auf stattliche 26 wuchs. Darüber hinaus gibt es viele Freiwillige, die dem Arbeitskreis ihre Sprachkenntnisse zur Verfügung stellen – was überaus wichtig ist, denn immer mehr Asylbewerber müssen nun – in Vorbereitung für die Asylverfahren - intensiv nach ihrem Fluchtweg und ihren Fluchtgründen befragt werden.

Der neue Vorsitzende Ludwigs Herfs unterstrich in diesem Zusammenhang den unterschiedlichen Denkansatz zwischen dem Arbeitskreis Asyl und der Beraterin der Diakonie Rastatt/Baden-Baden. Diese bevorzugt - aus ihrer Sicht als Sozialpädagogin - einen sensiblen Umgang mit den Asylbewerbern, um auf etwaige Traumata Rücksicht zu nehmen. Herfs hingegen hält diesen Ansatz für nicht hilfreich, denn spätestens im Asylverfahren bei den Anhörungen müsse ein Asylbewerber offen über seinen Fluchtweg, aber auch über seine Fluchtgründe sprechen, bis hin zu Details, ob und wie er gefoltert wurde. Bei den Anhörungen im Amt oder vor Gericht nehme niemand Rücksicht auf traumatische Erfahrungen und deren Folgen. „Wer von sich aus nichts erzählt, der wird mit seinem Antrag auf Asyl nicht durchkommen“, das ist auch die langjährige Erfahrung von Sibylle Loeben und Christian Kühnel. Insofern halten sie es für mehr als sinnvoll, dass Ehrenamtliche beim 14tägigen Café Kontakt mit den Asylbewerbern nicht nur Kaffee trinken und Kuchen essen, sondern auch deren Lebens- und Fluchtgeschichten erfragen und aufschreiben. Dies falle einem Flüchtling von einem vertrauten Menschen gewiss leichter als später in einer angespannten Gerichtssituation vor einem völlig Fremden.


Eine der Ehrenamtlichen berichtete, die meisten Asylbewerber würden ihre Geschichte sowieso gern erzählen: “Sie sind regelrecht froh und erleichtert, wenn ihnen jemand zuhört“. Unsicher sei man aber seitens der Ehrenamtlichen, wie weit die Befragung gehen soll.

Ludwig Herfs sah das pragmatisch: „Wenn jemand von seinen  Erinnerungen übermannt wird und weint, dann nehmen Sie in den Arm. Das hilft ihm.“ Als problematisch wird allerdings eingeschätzt, dass es für schwere Fälle, also für Menschen, die die Ereignisse psychisch nicht verarbeiten können und sehr darunter leiden, und die daher professionelle Hilfe brauchen, im Augenblick wenig bis gar keine psychologische Hilfe gibt. Die bisherige Anlaufstelle in Karlsruhe jedenfalls sei überlastet und nehme keine zusätzlichen Fälle aus Baden-Baden mehr auf.

Sorge bereitet dem Arbeitskreis Asyl auch die im Augenblick unbefriedigend laufende Arbeitsvermittlung der Asylbewerber, denen zur Zeit noch nicht einmal Schnupperpraktika genehmigt würden. Diese seien aber – gerade auch im Hinblick auf die noch mangelhaften Deutschkenntnisse - als Vorstufe und Vorbereitung für eine Ausbildung oder einen Aushilfsjob notwendig. Hier wünscht man sich mehr Entgegenkommen seitens der Behörden. Gerade im Bereich der Pflegeberufe bestehe jetzt und künftig ein großer Bedarf an Arbeitskräften. 


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