Freitag, 30. Januar 2015

Flüchtlingshilfe Vincentiushaus (3)


So geht Flüchtlingshilfe
in Baden-Baden


Noch liegen ein paar der von Kinderhand gemalten Willkommens-Schilder auf dem Tisch, neben den Alpenveilchen, die vorgestern jeder der neuen Asylbewerber im Vincentiushaus bekommen hat - oder jedenfalls fast jeder. Eine fünfköpfige Familie wird erst in ein paar Tagen nachkommen, denn vorher müssen noch Windpocken auskuriert werden. Blumen, Schilder und vor ein dichtes Netz von freiwilligen Helfern warten dann aber auch auf sie, wenn sie das Vincentiushaus mitten in der Stadt beziehen.


Auch ein paar Äpfel werden dann sicherlich noch übrig sein, die Oberbürgermeisterin Margret Mergen gestern Mittag auf einem Presse-Rundgang verteilte.



Die Neuankömmlinge freute es, und sie signalisierten auch gleich, dass sie nichts lieber täten, als sofort damit zu beginnen, deutsch zu lernen. Aber erst wollten die beiden Männer, die stellvertetend für den Rest der Bewohner zum Treffen dazugekommen waren, Schnee sehen, echten Schnee, den es natürlich in ihrer alten Heimat Togo nie gab. 

OB Mergen stellte Vorteile und Risiken des neuen Standortes Vincentiushaus heraus: Zum einen werde hier in der Nähe von Kindergärten und Schulen die Integration gerade von Familien gut gelingen, auch wenn das Haus nur für rund ein Jahr zur Verfügung steht, bevor es einer geplanten Neubausiedlung weichen muss. Aber die Bewohner werden gerade im Herzen der Stadt schnell Gelegenheit haben, die Kultur ihrer neuen Heimat kennenzulernen. 

0,5 Prozent der Flüchtlinge des Landes Baden-Württemberg habe Baden-Baden aufzunehmen, und diese Menschen würden zum großen Teil in Deutschland bleiben, betonte OB Mergen. 18 Monate dauere normalerweise Phase 1 der Asylantragstellung, viele blieben aber länger, selbst wenn ihr Verfahren abgelehnt werde, weil man sie aus humanitären Gründen nicht zurück in die Kriegs- und Krisengebiete ihrer Ursprungsländer schicken könne. Hundert Asylbewerber befänden sich zur Zeit bereits in Baden-Baden in Phase 2, der Anschlussunterbringung, die nicht mehr zwingend eine Sammelunterkunft voraussetze, sondern in Wohnungen fortgeführt werde.

Wer hierher komme, der wolle sich sehr schnell integrieren, sagte OB Mergen. Die Menschen seien aber zunächst einfach nur froh und dankbar, ein Dach über dem Kopf zu haben, zu essen zu bekommen und endlich nach vielen Monaten der Flucht ein Stück Intimsphäre zu erhalten. Danach seien die Integrationsmöglichkeiten vielfältig, wie Fachbereichsleiter Frank Fürle verdeutlichte. An erster Stelle stehe eine schnelle Eingliederung in den Arbeitsprozess, für die aber die Sprache Voraussetzung Nummer eins sei. Auch weitere Neigungen würden abgefragt, um vielleicht musikalisch Interessierte an die nahe Musikschule zu vermitteln. So habe man beispielsweise in der der Industriestraße sehr schnell zwei Fußballbegeisterte an den FV Oos vermittelt.

Die Verwaltung sorge zusammen mit der Sozialarbeiterin und dem Hausmeister für die räumlichen und finanziellen Voraussetzungen, sei aber nur bedingt in der Lage, sich um alle Bedürfnisse der Asylbewerber zu kümmern, hieß es. Deshalb sei man sehr dankbar, dass sich so viele Anwohner gemeldet haben, um den Schutzsuchenden mit Sprachkursen, bei Behördengängen und Sozialkontakten zur Seite zu stehen.

Ende März werde das Vincentiushaus schon voll sein, war zu erfahren, 70 Personen sollen hier insgesamt aufgenommen werden, und fast genauso viele Ehrenamtliche werden sich um sie kümmern. Diese Hilfe rollte bereits an: Neben der Begrüßungsaktion vorgestern mit Plakaten, Blumen, selbstgebackenem Kuchen und Tee wird schon am Samstag ein "Café Kontakt" angeboten, in dem erste soziale Verbindungen geknüpft werden sollen.



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Anmerkung:
Heute Abend können auch Sie ein Zeichen setzen, dass Sie die Flüchtlinge willkommen heißen, dass Sie für ein friedliches Miteinander der Kulturen sind - kurz: dass Baden-Baden bunt ist: Von 19 bis 19.15 Uhr ruft ein breit aufgestelltes Bündnis zu einer bunten Mahnwache auf der Fieserbrücke auf. Machen Sie mit! Bringen Sie - im Idealfall - bunte Plakate oder - im schlechten Fall - bunte Schirme mit!