Konkrete Asylberatung
im Arbeitsmittelpunkt
Seit Anfang der 90er Jahre besteht der Arbeitskreis Asyl in Baden-Baden, und ebenso lange sind die heutige Vorsitzende Sibylle Loeben (Foto oben) und ihr Stellvertreter Christian Kühnel (Foto unten) mit dabei. Viel Arbeit liegt hinter ihnen, noch mehr vor ihnen, aber sie sind allmählich des Kämpfens gegen die bürokratischen Windmühlen müde.
Bis zu zehn Stunden in der Woche widme sie diesem Ehrenamt neben ihrem Job und ihrem kleinen Bauernhof, berichtete Loeben bei der gestrigen Sitzung des Arbeitskreises, die in der Asylbewerberunterkunft in der westlichen Industriestraße stattfand. Wenn im Frühjahr in diesem eingetragenen gemeinnützigen Verein Neuwahlen anstehen, würde sie sich gern als Vorsitzende zurückziehen. Eine Nachricht, die die wenigen Mitglieder des Vereins nicht unbedingt begeistert aufnahmen. Aber die Zeichen für mehr Unterstützung stehen gut: In Baden-Baden erhebt sich eine große Welle der Hilfsbereitschaft in Sachen Flüchtlingsarbeit. So waren auch zu dieser Zusammenkunft an die dreißig interessierte Männer und Frauen gekommen, und am Ende des Abends hatte der Verein zwei neue Mitglieder und jede Menge neuer Sympathisanten gewonnen.
Harte Arbeit
Dabei ist der Kern der Tätigkeit harte, sehr harte und zermürbende Arbeit. Da geht es um die Koordinierung von Asylverfahren, um Hilfen, den richtigen Anwalt zu finden, um Eintreiben von Spenden, weil ein Asylbewerber von seinen 362 Euro monatlichem Lebensunterhalt keine 200 Euro als Anschubfinanzierung für einen Anwalt aufbringen kann. Da geht es um das Bemühen, eine Frau mit Kind aus ihrem Zimmer im reinen Männertrakt der Asylbewerberunterkunft in ein entspannteres Umfeld umzuziehen, da geht es um den Kampf um die Finanzierung von profanen Schuheinlagen für eine Frau oder den monatelangen Kampf, einen Briefkasten am Gebäude anzubringen, damit die Asylbewerber ihre wichtigen amtlichen Schreiben überhaupt empfangen können. Und es geht immer wieder um die Bürokratie, um Anfragen, die wochenlang nicht und dann mit einem belanglosen "Wir kümmern uns darum" beantwortet werden - beziehungsweise wurden.
Genau hier hakte nun Peter Weingärtner, der neue Leiter im Fachgebiet Bildung und Soziales der Stadt, ein. Das Thema Asyl habe sich in den letzten Monaten rasant entwickelt, erklärte er. Wurden der Stadt Baden-Baden 2012 noch 39Asylbewerber pro Jahr zugewiesen, waren es 2014 bereits 160 Personen, die Zahl habe sich also vervierfacht. Und es werden noch mehr, 20 Asylbewerber werden dieses Jahr pro Monat erwartet. 70 von ihnen werden zwar im alten Vincentiushaus unterkommen, doch das Haus wird wahrscheinlich ab dem nächsten Jahr nicht mehr zur Verfügung stehen, so dass zusätzlich zu den regulären Ankünften auch noch die Vincentius-Bewohner auf neue Unterkünfte verteilt werden müssen. Deren Unterbringung und wirtschaftliche Betreuung liege im Verantwortungsbereich der Stadt. Das bringe auch eine personelle Mehrbelastung der Sachbearbeiter mit sich. Diese seien sehr engagiert und positiv, aber die Arbeit sei nicht mehr machbar ohne Hilfe der Ehrenamtlichen. Der Personalschlüssel werde nun aufgestockt, sagte Weingärtner und nannte in diesem Zusammenhang auch die direkt zuständigen Ansprechpartner.
Neue Sozialarbeiterin
Erleichterung bei den vielen Alltagsnöten der Asylbewerber wird sicherlich die neue Sozialarbeiterin in der Westlichen Industriestraße, Kathrin Warth, bringen. Die 33jährige berichtete dem Arbeitskreis, dass sie von allen Seiten herzlich aufgenommen worden sei. Sie habe für alle Bewohner de Unterkunft ein offenes Ohr und eine offene Tür. "Ich möchte den Asylbewerbern bei allen Anliegen des täglichen Lebens so viel Hilfestellung wie möglich geben", sagte sie. Viele Dinge könnten nun während der Woche geklärt werden und würden den einmal wöchentlich tagenden Arbeitskreis sicherlich entlasten.
Sei in der Westlichen Industriestraße noch eine Sozialarbeiterin für 160 Asylbewerber zuständig, sollte der Schlüssel für die anderen neuen Unterkünfte nach Möglichkeit bei 1 : 100 liegen, unterstrich Peter Weingärtner.
Als extrem wichtig bezeichnete er die von den Ehrenamtlichen angebotenen Sprachkurse, die von den sehr interessierten und engagierten Asylbewerbern in der Westlichen Industriestraße gerne besucht werden. Auch im Vincentiushaus werde es für diese Kurse eine Räumlichkeit geben, versprach er. Diese Kurse seien auch im Hinblick auf eine möglichst schnelle Eingliederung in den Arbeitsprozess wichtig.
Daneben gebe es Angebote von Vereinen, hauptsächlich in Richtung Musik und Sport. Auch das seit vielen Monaten geplante Fahrradprojekt möchte er bis zum Frühjahr erledigt haben. Hier wartet man noch auf das Okay des schwerfälligen Bundesamts für Straßenwesen, aber die benötigte Doppelgarage sei bereits bestellt.
Thema Patenschaften
Gedanken mache sich die Stadt auch über das Thema "Patenschaften", für das bereits an die 40 Personen ihr Interesse angemeldet haben. Weingärtner war sich mit den Vertretern des Arbeitskreises Asyl einig, dass die Koordination dieser Paten, die auch mit dem Asylverfahren an sich befasst sein werden, nicht in den Händen der Stadt liegen kann sondern an einer externen Stelle angedockt werden sollte. "Dazu gibt es bereits konkrete Planungen", hieß es.
Wie wichtig Patenschaften sind, unterstrichen auch Christian Kühnel und Sibylle Loeben: "Das ist die einzig wahre Methode, den oft traumatisierten Flüchtlingen das Hiersein zu erleichtern", sagten sie. Patenschaften zu übernehmen, bedeute aber auch, sich über alle Hilfen zu informieren. Gerade was die Asylverfahren betreffe, durch die jeder Flüchtling laufen müsse, sei es wichtig zu wissen, wo man auch professionelle rechtliche Hilfe erhalten kann. Dafür steht vor allem der Arbeitskreis zur Verfügung.
Die Sprechstunden jeden Dienstag um 17.30 Uhr in der Westlichen Industriestraße werden weiter beibehalten und sollen auch für die Asylbewerber gelten, die ab nächster Woche ins Vincentiushaus kommen. Eine Außenstelle werde es dort nicht geben. Loeben und Kühnel machten allen potentiellen Paten Mut, sich zu engagieren. Hier würden Menschen gebraucht, die den Flüchtlingen - quasi als "Behördenengel" - begleitete Kontakte zur deutschen Bürokratie anböten. Erste Kontaktaufnahme sei sicher über das Café Kontakt nützlich. Über die menschliche Schiene könnten sich dann wahre Lebensfreundschaften entwickeln.
Kontaktdaten für den Arbeitskreis Asyl:
Mail:
bb.akasyl@orange.fr
Tel. 0172 - 7157653 (bitte auf den Anrufbeantworter sprechen)
Sprechstunden: jeden Dienstag um 17.30 Uhr, Westliche Industriestraße 41 a, Baden-Baden, Raum 9.Hier die neue Webseite (wird voraussichtlich Anfang Februar freigeschaltet): http://akasyl-bad.de/
Spendenkonto:
Volksbank Baden-Baden · Rastatt eG · IBAN: DE66 6629 0000 0065 0398 00 · BIC: VBRADE6K
Spendenquittungen vom "Arbeitskreis Asyl e.V. gemeinnütziger Verein" sind möglich.
Dringend gesucht wird zurzeit übrigens eine Frau, die Ende Januar/Anfang Februar tagsüber Zeit hat, für ein Asylverfahren aus Baden-Baden bei einem Anwalt in Heidelberg ins Französische und aus dem Französischen ins Deutsche zu übersetzen.