Mittwoch, 17. Dezember 2014

Asyl - Café Kontakt



Das "Café Kontakt" im Asylbewerberheim:

Kuchen, Tee und offene Ohren






Anfangs wurden sie bestaunt und teilweise misstrauisch beäugt, heute sind sie fester Bestandteil im ansonsten trostlosen Leben der Asylbewerber in der Unterkunft jenseits des Bahndamms: Seit Juni diesen Jahres rücken überkonfessionell ehrenamtliche Helfer der Gruppe "Café Kontakt" zweimal im Monat jeweils Samstag nachmittags für zwei, drei Stunden in der Westlichen Industriestraße an, schleppen Thermoskannen mit Kaffee und Tee, Geschirr und Kuchen in den Gemeinschaftsraum, öffnen Türen und Ohren und versuchen, mit den Flüchtlingen ins Gespräch zu kommen.

"Wir werden damit nicht die Welt verändern", ist ihnen klar, aber sie wollen den Menschen ohne große Hürden einfach nur ein Gespräch anbieten. Und das wird gern angenommen: 40 Besucher drängten sich beim letzten Mal um eine Handvoll Helfer, die damit nicht nur räumlich an ihre Grenzen stießen. Hektisch sei es zugegangen, man versuchte, sich mit Händen und Füßen verständlich zu machen, tiefe Gespräche seien allerdings nicht möglich gewesen, viele Unterhaltungen seien daher auch auf den Flur und in die kleine Küche verlegt worden. Aber auch enge Patenschaften sind bereits aus dieser Runde entstanden und das - so waren sich alle einig - wäre eigentlich das Optimum an Flüchtlingshilfe.

Am Montag trafen sich die Ehrenamtlichen unter Leitung von Christiane Gölz im Gemeindehaus der evangelischen Friedenskirche in Oos, zum einen, um ihre Erfahrungen auszutauschen, zum anderen, um diese Erfahrungen an zahlreiche neue Ehrenamtliche weiterzugeben, die gern mithelfen wollen beziehungsweise dieses offene Café-Prinzip eventuell in den neu entstehenden Flüchtlingszentren der Stadt, Vincentiushaus, Schussbachstraße und Aumatt, zu übernehmen.


Zurückhaltung lernen


Zielgruppe, so wurde deutlich, sind vor allem die Neuankömmlinge im Heim, also neben den Menschen, die "gottverlassen bereits seit zwei oder drei Jahren in der Sammelunterkunft ausharren und auf den Ausgang ihres Asylverfahrens warten", auch solche, die (noch) hoch motiviert sind. "Man merkt die Arbeit der ehrenamtlichen Sprachkurse", wertete es einer der Helfer. "Die Leute kommen und wollen gleich ihre gerade erlernten Sprachbrocken ausprobieren." Dennoch verfalle man auch unwillkürlich oft ins Englische oder Französische, wenn es geht, Probleme zu klären.

Doch da sind die Mitglieder der Gruppe zurückhaltend. Sie haben in Seminaren und Fortbildungen gelernt, traumatischen Menschen keine Fragen zur Vergangenheit zu stellen und Verfahrensfragen überhaupt nicht zu beantworten. "Dafür sind die Experten zuständig", erklären sie den "Neuen". Dafür gebe es den "Arbeitskreis Asyl mit Amnesty international", die jeden Dienstagabend Sprechstunde hat und sich um die juristische Seite kümmert.

Gelernt haben sie auch, sich persönlich nicht allzu sehr zu engagieren. Unter Umständen könne man nämlich bei all den traurigen Geschichten, die man höre, selber schwermütig werden und irgendwann einfach nicht mehr weitermachen können, brachte es einer von ihnen auf den Nenner.



Gemeinschaftsraum nötig

Als dringend sieht die Gruppe es übrigens an, dass der Gemeinschaftsraum in der Unterkunft auch außerhalb der ehrenamtlichen Aktivitäten für die Flüchtlinge offen bleibt. Diese vermissen einen Raum zum gemeinsamen Reden, Spielen, Fernsehen ebenso wie ein kleines Internetcafé, für das aber - sehr dringend - die Voraussetzung für WLan gegeben werden müsste. Ohne Gruppenraum sind sie ansonsten gezwungen, tagein, tagaus abgekapselt auf ihren Zimmern zu sitzen. 

Dankbar äußerten sich alle Ehrenamtlichen am Montag, dass sie in einer Schulung gelernt haben, in die Haut der Asylbewerber zu schlüpfen, die ja in ein fremdes Land kämen und sich den Gastgebern ausgeliefert fühlten. "Ich habe akzeptieren gelernt, dass diese Menschen anders sind, sowohl in ihrem Denken als auch in ihrer Lebensauffassung", gesteht einer der Teilnehmer. Wichtig sei, unvoreingenommen auf die Menschen zuzugehen und sich klar zu machen, dass sie aus vollkommen anderen Kulturen, verschiedenen Ländern mit verschiedenen Gebräuchen stammen.

Rainer Boy, der Leiter der "Arbeitsgemeinschaft Willkommen", wies noch auf einen anderen Aspekt der Freiwilligenarbeit hin: Man müsse viel, viel Geduld mitbringen, Geduld und nochmals Geduld. Wer sich zuviel aufbürde und alles zu schnell umsetzen wolle, der sei schnell ausgebrannt. Kopfnicken in der Runde. "Wir sind Marathonläufer, die einen langen Atem brauchen", bestätigte es eine Teilnehmerin. "Nichts wäre schlimmer, als wenn wir uns so verausgaben würden, dass uns nach einem Jahr die Puste ausgeht und wir aufhören und damit den Menschen eine weitere Enttäuschung zufügen würden."


Ziel: Netter Nachmittag

Ein weiterer Ehrenamtlicher berichtete, er habe lernen müssen, nichts zu erwarten, vor allem keine Dankbarkeit. "Unser Ziel ist es, ein niedrigschwelliges Angebot zu geben. Wenn wir am Ende des Nachmittags das Gefühl haben, die Menschen haben eine kleine Abwechslung in ihrem sonst sehr unstrukturierten Tagesablauf gehabt, wenn man selber den Eindruck hat, es war ein netter Nachmittag, dann haben wir unser Ziel erreicht. Mehr ist nicht drin."

Das nächste offene Treffen der Café-Kontakt-Ehrenamtlichen mit Erfahrungsaustausch findet am 9. Februar 2015 um 20 Uhr im Gemeinschaftshaus der evangelischen Friedenskirche in Oos, Königsberger Straße 15, statt. Interessierte, auch aus der neu gegründeten Gruppe für das Vincentiushaus, sind herzlich willkommen.





Weitere Informationen und Termine entnehmen Sie bitte meiner Sonderseite Asyl => KLICK